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Es war eine wenig beachtete Meldung, die da im Januar 2021 über die Newsticker flimmerte – dabei kommt ihr Inhalt einem Paradigmenwechsel gleich: Die Europäische Union investierte mit dem European Innovation Council Fund kürzlich 178 Millionen € in 42 europäische Deep-tech-Start-ups sowie KMU. Die Investitionshöhen betrugen zwischen 500.000 € und 15 Millionen €.
Nun ist es nicht ungewöhnlich, dass die EU Forschung und Innovation fördert. Der Unterschied: Im Rahmen der neuen Initiative beteiligt sich der Fonds direkt an den Startups, die Höhe schwankt zwischen 10 und 25 % der Anteile. Insgesamt sollen bis 2027 (also im Rahmen der Laufzeit des Forschungsförderungsprogramms Horizon Europe) bis zu 10 Milliarden € für Start-ups bereitgestellt werden.
Es wird höchste Zeit, dass Europa sich bewegt. Wir sind technologisch völlig abhängig von Unternehmen wie Google, Facebook, Amazon und Netflix. China hat sich indes eigene Dienste, etwa Baidu, Wechat oder Alibaba, aufgebaut. Und Europa? Neben SAP und dem Chiphersteller ARM Limited ist wenig zu sehen – und Letzterer soll an den US-Konzern Nvidia verkauft werden. Doch in Bereichen wie 5G, Quantencomputing oder Gensequenzierung ist alles noch offen.
Jede Initiative, den Anschluss hier nicht zu verlieren, ist gern gesehen. Denn erstklassige Forschung ist in Europa en masse vorhanden, Unternehmergeist ebenso. Und wenn der Markt Kapital nicht in ausreichender Höhe zur Verfügung stellt, um Europas Technologieunternehmen wachsen zu lassen, ist es eben notwendig, öffentliche Gelder zu nutzen. Dass dieses Geld in Start-ups und KMU fliesst, die Innovation tagtäglich leben, ist ebenfalls sinnvoll – auch, weil das ermöglicht, das eingesetzte Geld zu vervielfachen. Doch es braucht eine nachhaltige, umfassende Strategie, um Erfolg zu haben.
Zahlreiche Fragen bleiben zudem unbeantwortet. Wie sucht der EIC-Fonds „seine“ Start-ups aus? (Auf der Website finden sich rudimentäre Kriterien, Details fehlen). Sind die Universitäten, an denen die Forschung passiert, in den Prozess eingebunden? Welche Branchen sind interessant? Welche Forschungstiefe benötigen Unternehmen, um sich zu qualifizieren? Werden tatsächlich nur die besten Unternehmen ausgewählt, oder werden die Interessen der Mitgliedsstaaten auf Kosten der Qualität ausbalanciert werden? Und sollten Renditen aus den Investitionen erwirtschaftet werden: Was passiert mit dem Geld? Wird es zweckgebunden für neue Investitionen in Deeptech-Unternehmen verwendet – oder bezahlen die Gewinne, etwas polemisch formuliert, teure Büros und überzogene Gehälter in Brüssel? All das bleibt offen, während die ersten Gelder bereits fliessen.
Zudem darf die Initiative nicht singulär bestehen. Europa benötigt steuerliche Anreize für institutionelle Investoren, damit Wachstumskapital vom Markt bereitgestellt wird. Und: Das Schicksal von ARM sollte vermieden werden. Start-ups, die gefördert werden, sollten in europäischer Hand bleiben und ein Exit an einen Konzern aus den USA oder China nicht durchgeführt werden, um die Wertschöpfung in der Region zu sichern. Wenn diese Fragen beantwortet und mitgedacht werden, ist die Initiative eine sinnvolle Sache. Doch die Antworten und ein Mindestmass an Transparenz bleibt die EU in dieser Frage aktuell leider noch schuldig.
Text: Klaus Fiala
Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 1/2–21 zum Thema „Innovation & Forschung“.