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2016 starteten Katharina Ferster und Christian Heinz ihr Unternehmen, das Coaches, Trainern und Beratern zu mehr Erfolg verhilft. Doch schon bald merkten sie, dass sie sich ein „goldenes Hamsterrad“ gebaut hatten. Nun hat das Unternehmerpaar einen interessanten Ansatz gefunden, der ihren Kunden, Mitarbeitern und auch ihnen selbst dabei hilft, ein „wahrlich freies“ Leben zu führen.
Es schien Katharina Ferster und Christian Heinz vor vier Jahren geradezu vermessen, an solche Ziele und Zahlen überhaupt zu denken – doch 5.000 € pro Tag zu verdienen hatte sich bei beiden im Kopf verankert. Sechs Monate später hatte das Paar, das seit 2016 auch als Geschäftspartner zusammenarbeitet, das Ziel aber geknackt: 102.000 € Umsatz pro Monat hatten die beiden nach dem ersten halben Jahr verdient; geteilt durch die effektiven Arbeitstage waren das eben die besagten 5.000 € pro Tag.
„Es geht dabei nicht zwingend um das Erreichen des Ziels selbst, sondern um die Visualisierung, den Traum, um diese eine Zahl“, sagt Katharina Ferster. Bei unserem Zoom-Interview, das sie neben Christian Heinz sitzend bestreitet, strahlt den beiden die Sonne ins Gesicht, denn seit einigen Monaten leben Ferster und Heinz mit ihrer Patchworkfamilie auf der Mittelmeerinsel Zypern. So schön monetäre Ziele auch seien, tatsächlich wollten die beiden Coaches etwas anderes für sich selbst schaffen: ein freies und selbstbestimmtes Leben zu führen.
Christian Heinz und Katharina Ferster
... gründeten 2016 gemeinsam das Unternehmen Fortune Family, das Coaches, Trainern und Beratern zu mehr Umsatz und Erfolg verhelfen soll.
„Wir tun, was wir lieben, und können davon leben“, sagt Christian Heinz, „und das wollen wir auch anderen ermöglichen.“ Denn mit ihrem Unternehmen Fortune Family bilden die beiden Coaches aus, sodass diese ihr Potenzial noch stärker entfalten können. Der Markt ist gross und durch die Digitalisierung so schnell zu erreichen wie noch nie. „Unsere Kunden sind durch ihre Tätigkeit bereits standortunabhängig. Sie investieren aber viel Zeit und Energie und trauen sich alleine oft nicht, diese neuen Möglichkeiten zu nutzen.“ Diesen nächsten Entwicklungsschritt gehen Heinz und Ferster mit ihnen.
Dabei sind die beiden ständig am Optimieren ihres Geschäftsmodells. Die Lösungen sollen den Kunden wie auch ihnen selbst helfen. „Eine Win-win-Situation“, so Heinz. Ihre Tätigkeit sollte ihnen helfen, aus dem Hamsterrad auszubrechen, das ein Nine-to-five-Job für sie symbolisierte. Mit viel Fleiss bauten sie sich innerhalb von drei Jahren ein Unternehmen mit 18 freien Mitarbeitern auf. Doch die Gründer waren zunehmend mit der Verwaltung und Betreuung ihrer Mitarbeiter beschäftigt und nicht mehr mit ihren Kunden in Kontakt – und verloren die Freude an der Arbeit. „Im Endeffekt haben wir ein Hamsterrad durch ein goldenes Hamsterrad ersetzt.“ Die Nähe zu ihren unternehmerisch denkenden Kunden fehlte: „Wir wollten einfach wieder mit Unternehmern zusammenarbeiten, mit Menschen mit starkem Mindset und Erfolgswillen. Leider mussten wir uns eingestehen, dass viele unserer Mitarbeiter nicht zu diesem Typ gehörten.“ Die Lösung des Problems: Ferster und Heinz stellten den Ablauf ihres Ausbildungsprogramms radikal um.
Die Zusammenarbeit erfolgt nun mit Lizenznehmern – die ersten wurden aus dem Stamm der ehemaligen Mitarbeiter rekrutiert. Diese bringen den Kunden die Grundlagen bei. „Das läuft mittlerweile quasi von alleine, da wir viel Wert auf die Ausbildung der Mitarbeiter gelegt haben“, so Ferster. Sobald ein Kunde regelmässig einen fünfstelligen Umsatz pro Monat erzielt, erreicht er „das nächste Level“ – dann wird er von Heinz und Ferster persönlich betreut. „Mit uns heisst das Ziel Skalierung, damit in der jeweiligen Branche das Spitzenfeld erreicht werden kann“, so Heinz. Der Markt weise grosse Wachstumsraten auf.
Für das Duo liegt der Schlüssel nicht unbedingt im handwerklichen Geschick – obwohl das natürlich auch eine Rolle spielt –, sondern vielmehr in einer Veränderung der Einstellung. Heinz: „Es gibt viele Akteure in der Onlinemarketing-Szene, die für Coaches den automatisierten Prozess für deren Kundengewinnung übernehmen. Der Erfolg bleibt jedoch meist aus, da der Coach selbst auch an seinem Mindset und an seinen Verkaufsskills arbeiten muss. Bei uns machen 60 bis 70 % der Kunden bereits während der Ausbildung erste Umsätze. Das liegt daran, dass wir sie mental sehr eng betreuen und all unsere Erfahrung mit ihnen teilen.“
Weder Heinz noch Ferster wurden in ein unternehmerisches Umfeld geboren. Ferster wuchs in Russland auf, kam erst mit 18 Jahren nach Deutschland. Ihr Abitur wurde nach dem Umzug nicht anerkannt, ihre ersten Studienerfolge – Ferster hatte sich bereits mit 17 an einer Universität eingeschrieben – waren ebenfalls wertlos. Sie holte ihr Abitur nach, entschied sich dann aber, sich selbstständig zu machen. Sie war als Mediengestalterin tätig, bevor sie 2016 ein Seminar belegte, wo sie Christian Heinz kennenlernte. Der wiederum entstammt einer klassischen Arbeiterfamilie. „Unternehmertum war für mich eine ganz ferne Welt“, erzählt er.
Bei den meisten Anbietern in der Szene bleibt der Erfolg aus, da der Coach auch an seinem Mindset arbeiten muss.
Beide hatten eine ähnliche Geschäftsidee, lernten einander kennen – und entschlossen sich, nicht nur ihr Unternehmen, sondern gleich auch ihr Leben gemeinsam zu gestalten. Die ersten Erfolge kamen schnell: Anfang Juli 2016 veranstalteten sie ein Online-Mentoringprogramm und verdienten laut eigenen Angaben in sechs Wochen 40.000 €. „13 Monate später hatten wir unsere erste Million eingenommen“, so Heinz.
Das Unternehmen wuchs, bald war jedoch das schon erwähnte „goldene Hamsterrad“ erreicht. In Zypern, wo die beiden heute leben, wollen sie nun den nächsten Schritt planen. Dass sie das überhaupt von dem europäischen Inselstaat aus tun können, brauchte aber auch einiges an Planung und Erfindungsreichtum. Denn während ihre berufliche Tätigkeit durchaus physisch ungebunden ist, lässt sich das Leben einer Patchworkfamilie nicht ganz so flexibel organisieren. Ferster: „Ich bin mit meinen Töchtern schon dreimal umgezogen. Ich musste sie ständig aus ihrer gewohnten Umgebung reissen, um in eine neue Stadt zu ziehen.“ Die Lösung: eine flexible Schule. Die gab es aber nicht – also entschied Ferster sich kurzerhand, sie selbst zu gründen: Die School Beyond Limitations soll Familien wie jener von Ferster und Heinz ermöglichen, die Ausbildung der Kinder völlig digital abzuwickeln.
20.000 € betragen die Schulgebühren pro Jahr, inkludiert sind darin drei physische Treffen im Jahr, der Rest des Unterrichts wird digital abgehalten – in Klassen oder One-on-one-Sessions. „Wir bilden unsere Lehrer selbst aus, damit sie unsere Vision umsetzen können.“ In jeder Klasse sitzen acht Kinder, die von zwei Mentoren betreut werden. Aktuell besuchen acht Schüler die Schule, die Ferster gemeinsam mit Martina Geromin gründete; zwölf Verträge sind für nächstes Jahr bereits abgeschlossen. Geromin war unter anderem vier Jahre lang Direktorin der International School of Monza und bringt die pädagogische Erfahrung mit, während Ferster die Kommunikation nach aussen abdeckt.
Für die Zukunft wollen Ferster und Heinz das, was sie sich geschaffen haben, bewahren und weiter ausbauen. Heinz: „Ich mache nur das, was mir Freude bereitet, gestalte meinen Tag komplett frei. Mich erfüllt meine Arbeit, ich habe keine monetären Ziele mehr.“ Dass Heinz und Ferster dazu, genau wie ihre Kunden, ihre Komfortzone verlassen und Neues ausprobieren müssen, ist ihnen bewusst. Den ersten Schritt – das, was sie sich aufgebaut hatten, loszulassen – haben sie jedenfalls gemacht. Egal, ob sie über ihren Job oder die Schule sprechen: Das wiederkehrende Thema ist Freiheit. „Wir können unsere Schule überallhin mitnehmen, können unseren Job von überall aus erledigen. Diese Freiheit ist für uns enorm wichtig.“
Text: Klaus Fiala
Fotos: Antonis Engrafou