Ein Shortcut nach ganz oben: Wie Kailera mit China-Deals den Weg ins Abnehm-Business neu denkt

Im Sommer 2023, als Ozempic und Zepbound begannen, die Welt der Pharmaindustrie umzupflügen, stellte sich Amir Zamani – Arzt, Investor, Zahlenmensch – eine einfache Frage: Wo ist die nächste grosse Chance? Die Antwort fand er nicht im eigenen Labor, nicht in Harvard oder in einem glänzenden Bay-Area-Biotech, sondern in der Medikamentenpipeline eines chinesischen Pharmakonzerns.

Kailera Therapeutics ist das Ergebnis dieser Entdeckung – ein Unternehmen, das nicht mit einem neuen Wirkstoff aufwartet, sondern gleich mit vier. Alle stammen von Jiangsu Hengrui, einem der grössten Pharmaplayer Chinas. Und alle zielen auf das grosse Versprechen der Gegenwart: Gewichtsverlust per Spritze oder Pille, effizienter, verträglicher, schneller als bisher.

Zamani, unterstützt von Atlas Venture und RTW Investments, gründete im Oktober 2024 Kailera – mit einem Startkapital von 400 Mio. US-$. Der Deal: Vier vielversprechende Wirkstoffe, darunter zwei orale Therapien. Die Strategie: Nicht neu erfinden, sondern klug kombinieren.

An die Spitze holte man Ron Renaud, einen Mann mit einer klaren Bilanz: drei Biotechs aufgebaut, drei verkauft, insgesamt 16 Mrd. US-$ eingesammelt. Einer, der weiss, wie Pharma funktioniert – auf dem Papier und am Verhandlungstisch. Renaud sagt: „Wir haben wahrscheinlich das fortschrittlichste Spätphasen-Portfolio ausserhalb der Big Pharma.“

Was Kailera macht, ist dabei ebenso simpel wie strategisch: Man umgeht die klassischen Entwicklungsjahre, springt direkt in die klinische Phase III und hofft auf eine Marktzulassung vor 2030. In einer Branche, in der zehn Jahre Standard sind, ist das eine Ansage.

Vor allem aber setzt Kailera auf ein Detail, das oft unterschätzt wird: Pillen statt Spritzen. In einem Markt, in dem sich Milliardenkonzerne wie Novo Nordisk und Eli Lilly mit Injektionslösungen überbieten, könnten orale Medikamente den entscheidenden Hebel darstellen – für Patient:innen, für Ärzt:innen, für Gesundheitssysteme.

Der Bedarf ist da: Rund 40 % der erwachsenen US-Bevölkerung sind fettleibig. Über 100 Millionen Menschen in den USA könnten – allein medizinisch betrachtet – für diese Therapien infrage kommen. Die globale Perspektive? Noch grösser. Die Folge: ein Markt, der laut Iqvia von 36 Mrd. US-$ auf 131 Mrd. US-$ in nur drei Jahren wachsen könnte.

Doch Geld allein reicht nicht. Deshalb hat Renaud mit Scott Wasserman (ex-Amgen) und Jamie Coleman (zuvor Zepbound-Marketingchefin bei Lilly) ein Team zusammengestellt, das nicht nur forschen, sondern auch skalieren kann.

Die Frage, die über allem steht: Bleibt Kailera unabhängig oder wird es zur nächsten Trophäe im Pharmaregal eines Giganten? Renaud kennt beide Wege. Doch mit einem Portfolio wie diesem und dem Rückenwind eines Megatrends könnte es diesmal anders kommen.

Text: Amy Feldman
Foto: Nathaniel Yeo

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