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Die digitale Transformation ist eines der bewegendsten Themen unserer Zeit. Internet 4.0, Industrie 4.0, Arbeit 4.0 und Co. - jeder Teilbereich, jede Branche ist digitalisiert oder am Weg dorthin. Doch die aktuellen technologischen Veränderungen und die dadurch notwendige Weiterentwicklung von Geschäftsmodellen und -prozessen erfordert strategische, organisatorische und soziokulturelle Veränderungen in den Unternehmen. Ein Gespräch mit Sandra Bascha, New Work Expertin und Leitung Kommunikation Österreich bei NEW WORK - die Betreiberfirma von XING.
XING, eine Tochter von NEW WORK, ist mit aktuell 19 Millionen Nutzern das grösste Karrierenetzwerk im deutschsprachigen Raum, rund 1,6 Millionen Mitglieder kommen aus Österreich. Seit Anfang des Jahres 2021 hat das Netzwerk 66.000 Nutzer dazugewonnen. Das Unternehmen mit Headquarter in Hamburg und dem zweitgrössten Standort in Wien hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Zukunft der Arbeit zu gestalten und zu analysieren. „For a better working life“ – so das Motto bei NEW WORK – bedeu-tet für Sandra Bascha persönlich nicht nur die Auseinandersetzung mit dem Begriff, sondern auch, die Implementierung von New Work in der Gesellschaft voranzutreiben. Im letzten Jahr war sie vor allem damit beschäftigt, das Stimmungsbild der Menschen gegenüber der Arbeit aufzunehmen, um verstehen zu können, was den Menschen fehlt und wo in der Zukunft Veränderungsbedarf gegeben ist.
„Im Prinzip gibt es drei wesentliche Treiber, die die alte Arbeitswelt von der neuen Arbeitswelt unterscheiden. Zum einen ist das die Digitalisierung, die nicht nur Homeoffice bedeutet, zum anderen gibt es einen massiven Fachkräftemangel, der wenig mit der Pandemie zu tun hat: Es gibt immer mehr offene Stellen für gut ausgebildete Fachkräfte, die nicht besetzt werden können. Dadurch kommt es zu einer ‚Machtverschiebung‘, denn nicht die Arbeitgeber können wählen, wen sie einstellen, sondern die Mitarbeiter*innen treffen bewusst eine Entscheidung für oder gegen ein Unternehmen. Die Frage, für welches Unternehmen oder in welchem Umfeld man arbeiten möchte, wird immer zentraler. Und schliesslich ist der gesellschaftliche Wandel der dritte entscheidende Treiber“, so Bascha über die gesamt-gesellschaftliche Perspektive und Bedeutung von New Work.
Dabei beschäftigt man sich im Rahmen des sogenannten „Cultural Fit“ mit Fragen wie: Welcher Job passt zu mir? Wie sieht ein Arbeitsumfeld aus, in dem ich gut arbeiten kann? Wo möchte ich arbeiten? Welche Arbeitsbedingungen will ich? Welche Art von Führungskultur möchte ich eigentlich haben? Welche Form von Unternehmenskultur passt zu mir?
Auf einer persönlichen Ebene bedeutet New Work – nach einer Definition von Frithjof Bergmann, dem Begründer der „New-Work“-Bewegung, dass man das macht, was man wirklich, wirklich will („do what you really, really love“).
XING
...ist mit aktuell 19 Millionen Nutzern das grösste Karrierenetzwerk im deutschsprachigen Raum. Rund 1,6 Millionen Mitglieder kommen aus Österreich, 1,5 Millionen aus der Schweiz.
Das hat auch massive Auswirkungen auf Unternehmen bzw. deren Recruiting-Strategie. Die Produkte und Services von New Work sollen dabei wesentliche Bausteine dafür sein, um Unternehmen in einer digitalen Welt und neuen Arbeitswelt noch erfolgreicher zu machen. Mit den verschiedenen Marken, etwa XING, XING E-Recruiting oder kununu, möchte NEW WORK die Arbeit im Sinne der Menschen gestalten.
Aus einer Onlinebefragung des österreichischen Marktforschungsinstituts Marketagent im Auftrag von XING im Februar 2021 geht hervor, dass sich die österreichischen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer auf die Schlüsselkompetenzen der Zukunft gut vorbereitet fühlen. „Etwas anders sieht das – laut Einschätzung der Mitarbeiter*innen – bei Unternehmen aus“, so Bascha. „Denn: Die Frage, ob die Unternehmen gut auf den digitalen Wandel vorbereitet sind, haben mehr als 50% der Befragten mit ‚schlecht‘ oder ‚teilweise‘ beantwortet“, so die Expertin. Während Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter also bereits die richtigen Kompetenzen für eine -erfolgreiche Zukunft besitzen, müssen sich Unternehmen erst die passenden Tools und Strukturen zulegen, um für den kommenden Wandel gewappnet zu sein. „Da sollten tatsächlich die Alarmglocken schrillen, wenn die eigenen Mitarbeiter*innen das Gefühl haben, das Unternehmen sei nicht gut vorbereitet“, warnt Bascha.
„Die Digitalisierung im Bereich Recruiting ist keine Erfindung der Krise. Von der Digitalisierung im Bereich der HR profitieren wir schon sehr lange. Dazu gehören der ganze Employer-Branding-Bereich, das Thema Unternehmenskultur, das Thema Recruiting inklusive Mit-arbeiterempfehlung und Mit-arbeiterbindung. Weder in der Per-sonalplanung noch in der Personalentwicklung gibt es Bereiche, die nicht digitalisiert wären“, erklärt die New-Work-Expertin und Kommunikationswissenschaftlerin.
Die Digitalisierung hat sich vor allem in den vergangenen Monaten sehr rasch durchgesetzt bzw. einen massiven Push erfahren. Allerdings gibt es auch nach wie vor analoge Prozesse – und das soll auch so bleiben. Denn, so die Expertin, es könne und solle nicht alles digitalisiert werden. „Ich glaube generell, dass alles, was hybrid abläuft, am besten funktioniert. Man muss von diesem ‚Entweder-Oder‘ wegkommen. Ich denke, das ist die eigentliche Herausforderung für die Zukunft. Ich sollte abschätzen können, wo für mich die Vorteile der Digitalisierung liegen, damit sie mir mein Leben erleichtern und verbessern. Dasselbe gilt für analoge Prozesse und Tätigkeiten: Auch hier muss man abschätzen, wo die Vorteile liegen. Für mich sind das ganz eindeutige persönliche Erfahrungen und Begegnungen.“
Mit dem digitalen Wandel verändern sich auch die geforderten Kompetenzen der HR-Mitarbeiter. Die grösste Veränderung im Arbeitsleben des Personalmanagers ist die seiner oder ihrer eigenen Rolle. Bascha: „Die Herausforderungen der HR der Zukunft liegen vermehrt darin, den Mitarbeitern Orientierung und Stabilität zu geben. Bei zunehmender Automatisierung und digitaler Transformation ist es wichtig, die Mitarbeiter in diesem Prozess mitzunehmen; deshalb gilt es für HR-Experten, auch hier Wissen aufzubauen. Auch wenn der Bereich mehr und mehr digitalisiert wird, kann kein digitales Tool den Recruiter, den Menschen, ersetzen. Es kommt ihm oder ihr aber so eine neue Rolle zu. So wird die HR immer mehr zum Coach und Helfer für Mitarbeiter*innen.“
Die Expertin erläutert weiters: „Unternehmen brauchen eine ganzheitliche und digitale Recruiting-Strategie, doch nach wie vor werden unterschiedliche Bereiche des Recruitings zu isoliert betrachtet. Einerseits gibt es Stellenanzeigen, andererseits das Employer-Branding-Profil – aber eine vernetzte Strategie, die alles zusammenhält, fehlt. Auf der anderen Seite gelten Bereiche wie Employer Branding – das aus unserer Sicht wesentlich für erfolgreiche HR-Arbeit ist – für Unternehmen immer noch als ‚nice to have‘. Dass das aber ein wesentlicher Hebel im Sinne von Matching, im Sinne des Cultural Fit sein kann, wird oft nicht gesehen.“
XING möchte das ändern, denn man ist überzeugt: Durch das richtige Employer Branding – sprich: aktives Pflegen des Arbeitgeberimages – erhöht man die Reichweite seiner Markenbotschaft und weckt das Interesse potenzieller Kandidaten. Dadurch verschafft man sich einen Vorsprung im Wettrennen um Fachkräfte.
Zudem kann Bascha sich gut vorstellen, dass das Bewerbungs-prozedere in Zukunft neu konzipiert und gedacht wird: „Vor allem in Bezug auf den Fachkräftemangel, der noch extremer werden wird, kann es sein, dass Unternehmen sich künftig bei ihren Arbeitnehmer*innen bewerben müssen. Das würde der Recruiting-Welt eine ganz neue Dynamik verschaffen.“
Neben künstlicher Intelligenz, die kaum noch wegzudenken ist, kann sich Expertin Sandra Bascha auch Virtual-Reality-Besichtigungen des künftigen Büros vorstellen, um sich ein besseres Bild seines potenziellen Arbeitgebers zu machen. Bewerbungen, die nur noch Mobile--optimiert funktionieren, also über das Handy schnell und effektiv ablaufen, wären ebenfalls eine Vision. Noch utopischer, aber nicht unrealistisch seien Avatare, so Bascha: „Vielleicht schicken wir zukünftig unseren Avatar ins Bewerbungs-gespräch, oder er ersetzt uns in Meetings – wer weiss, was kommt?“
Text: Naila Baldwin
Fotos: XING/Raffaela Pröll
Diese Advoice erschien in unserer Ausgabe 7–21 zum Thema „Smart Cities“.