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Manche Unternehmen geben deutlich mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus als andere. Unter der Lupe: die Aktien einiger ausgewählter Unternehmen, die viel Geld dafür lockermachen.
Forschung und Entwicklung (kurz F & E) ist nach gängiger Lehre ein Massstab für die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens. Schliesslich will man Gewinne erzielen, was wiederum den Wohlstand im Land erhält. Auf einen Nenner gebracht: Forschung schafft Arbeit. Forbes hat Aktien von Unternehmen in der DACH-Region unter die Lupe genommen, die, gemessen am Umsatz und laut der „PwC Global 1000 Innovation“-Studie, überdurchschnittlich viel Geld in F & E stecken.
MorphoSys an der Spitze
In Deutschland ist in dieser Gruppe MorphoSys ganz vorne. Das Unternehmen entwickelt biopharmazeutische Medikamente für schwerkranke Patienten. Dabei fokussieren sich die Planegger (im oberbayrischen Landkreis München) auf den Bereich Onkologie mit Schwerpunkt Antikörpertechnologien. Die Aktie des 1992 gegründeten Unternehmens mit mehr als 300 Mitarbeitern notiert sowohl im MDAX als auch im TecDax und der US-Technologiebörse Nasdaq. Die Bayern, die als Partnerunternehmen klingende Namen wie Bayer Pharma, Novartis, Johnson & Johnson oder Pfizer und andere nennen, machten zuletzt knapp 67 Millionen € Umsatz bei einem Jahresfehlbetrag von minus 69,80 Millionen €.
Das Geschäftsmodell mit dem Slogan „Investition in die Medikamente von morgen“ scheint Anlegern zu gefallen: Seit dem Jahr 2009 stieg die MorphoSys-Aktie von knapp 17 € auf zuletzt 101 €. Im Juli 2018 wurde das bisherige Rekordhoch von 122 € erreicht. Die durchschnittliche Bewertung des Wertpapiers liegt bei elf Analystenbewertungen der letzten zwölf Monate bei „Hold“ und setzt sich aus vier „Buy“-, fünf „Hold“- und zwei „Sell“-Meinungen zusammen.
So hat die US-Bank JPMorgan MorphoSys in einer aktuellen Analyse weiter auf „Overweight“ belassen, bei einem Kursziel von 135 €. Die anhaltend starken Daten zum Antikörper MOR208 böten der Aktie Aufwärtspotenzial, meinte Analyst James Gordon.
Nemetschek SE investiert kräftig in Forschung
Auch die Nemetschek SE, ein Anbieter von Software für Architekten, Ingenieure und die Bauindustrie, muss sich nicht verstecken, wenn es um Investitionen in F & E geht. 23,2 Prozent des Umsatzes flossen zuletzt in die Forschung. 1963 von Georg Nemetschek unter dem Namen „Ingenieurbüro für das Bauwesen mit dem Schwerpunkt auf Tragwerksplanung“ gegründet, entwickelte man erst Software für den Eigenbedarf und ab den 1980ern auch für die gesamte Baubranche. Heute beschäftigt die Münchner Societas Europaea mehr als 2.500 Mitarbeiter; vier Millionen Anwender in 142 Ländern weltweit verwenden Produkte des Konzerns. 2017 machte Nemetschek mit inzwischen acht Tochterunternehmen und 16 Marken rund 396 Millionen € Umsatz, die Dividende lag bei 0,75 € je Aktie. Diese stieg in den letzten fünf Jahren von rund 13 € auf knapp 104 €; im September 2018 kratzte das Papier mit einem Allzeithoch sogar an der 140-€-Marke. Nach dem Kursabschwung liegt Nemetschek nun wieder in der Gunst der Analysten: So hat die Baader Bank die Einstufung für das Unternehmen auf „Buy“ belassen, mit einem Kursziel von 134 €. Für den Bausoftwarehersteller sei die Übernahme des niederländischen Gebäudemanagers Axxerion ein weiterer Schritt Richtung Internationalisierung, schrieb Analyst Knut Woller. Damit sind nach aktuellem Kurs (alle Zahlen Stand Redaktionsschluss) rund 30 Prozent Kursgewinn möglich.
„Big Spender“ ams AG
Ein „Big Spender“ am Sektor F & E in Österreich ist die ams AG. Der Halbleiterhersteller, der Anfang 1981 aus einem Joint Venture von American Micro Systems und der Voestalpine entstand, beschäftigt rund um den Globus etwa 11.000 Mitarbeiter, die 2017 mehr als eine Milliarde € Umsatz erwirtschafteten. Das Unternehmen setzt voll auf Innovation: So wurde erst vor wenigen Wochen der weltweit kleinste 1-D-Laufzeitsensor für die präzise Erfassung von Entfernungen und Entfernungsmessungen in Smartphones vorgestellt. Die Aktie hat in den letzten fünf Jahren 16 Prozent zugelegt und kostet aktuell knapp 22 € (oder 25 CHF), wobei im März 2018 ein Höhenflug bei 103 € mit einer klassischen Schulter-Kopf-Schulter-Formation endete (siehe Chart rechts). Inzwischen rückt das Papier wieder in den Fokus von Analysten: Barclays setzte die ams AG auf „Overweight“ und sieht ein Kursziel von 38 CHF (33,68 €); Kepler Chevreux rät zu einem „Buy“; Kursziel bei 36 CHF (31,9 €).
Vom Rekordhoch (103 €) ist die AMS-Aktie aktuell meilenweit entfernt, Analysten bescheinigen dem Titel aber dennoch ein Potenzial von über 50 Prozent.
Freie Fahrt für Kapsch TrafficCom
Ein österreichisches Unternehmen, das viel Geld für Forschung und Entwicklung ausgibt und nun auch auf europäischer Ebene einer immer breiteren Öffentlichkeit bekannt wird, ist Kapsch TrafficCom: Erst kürzlich wurde es gemeinsam mit dem Ticketvermarkter CTS Eventim mit der Erhebung der deutschen Pkw-Maut beauftragt. Die Wurzeln des Unternehmens liegen in der 1892 in Wien von Karl Kapsch gegründeten feinmechanischen Werkstätte. 2002 wurde die Kapsch Gruppe in drei Geschäftsbereiche (inzwischen sind es vier, Anm.) aufgegliedert; einer davon ist Kapsch TrafficCom mit rund 693 Millionen € Umsatz im Geschäftsjahr 2017/18. Man setzt mit 5.200 Mitarbeitern auf intelligente Verkehrssysteme in den Bereichen Mauteinhebung, Verkehrsmanagement, Smart Urban Mobility, Verkehrssicherheit und vernetzte Fahrzeuge. Die Aktie stieg in zehn Jahren von 15 auf 35 €, war 2011 aber auch schon knapp 70 € wert. Beflügelt durch den Auftrag aus Deutschland und Folgeaufträge aus Australien legte sie im letzten Monat 30 Prozent zu.
Startschwierigkeiten bei Idorsia
In der Schweiz zählt das Biotechunternehmen Idorsia zu jenen, die überdurchschnittlich viel Geld in F & E stecken. 2017 von Actelion Pharmaceuticals abgespalten, legte es gleich zu Beginn einen fulminanten Börsenstart aufs Parkett. Die Hoffnung, dass das Forscherpaar Martine und Jean-Paul Clozel nach Actelion, das 2017 von Johnson & Johnson geschluckt wurde, ein zweites Meisterstück vollbringen könnte, beflügelte den Kurs.
Bis dato hat sich dies jedoch nicht bestätigt: Die Indorsia-Aktie verlor in den letzten zwölf Monaten mehr als 40 Prozent an Wert. Auch ein Deal mit dem Pharmaunternehmen Santhera, bei dem man dort Grossaktionär wurde und im Gegenzug diesem die exklusive Sublizenz des Steroids Vamorolone überliess, brachte keine neuen Impulse. Durchaus Fantasie bietet aber die gut gefüllte Produktpipeline der mit reichlich Kapital ausgestatteten Idorsia. Um diese am Leben zu erhalten, wird ordentlich investiert: Ein Anteil von 71 Prozent des Jahresumsatzes 2018 floss umgehend wieder in die eigene Forschungsabteilung.
Roche auf weltweit Platz zwei
Auch der Pharmariese Roche spielt bei Forschungsausgaben immer vorne mit. 2018 investierte der Basler Konzern laut PwC-Studie 10,8 Milliarden CHF (rund 9,5 Milliarden €) in F & E. Zum Vergleich: Das gesamte Land Österreich investierte 2018 rund zwölf Milliarden € in die Forschung.
Täglich macht das bei Roche an die 28 Millionen Franken. Gemessen an den absoluten Ausgaben ist Roche damit weltweit Nummer zwei in Sachen Forschungsausgaben. Nur Volkswagen gibt mehr aus, machte mit 277 Milliarden € aber auch mehr als das Fünffache von Roches Umsatz. Denn beim Pharmariesen sorgten 2017 rund 94.000 Mitarbeiter für 53,3 Milliarden CHF Umsatz, was einem Plus von fünf Prozent entspricht. Die Aktie, die für das Geschäftsjahr 2017 8,30 CHF Dividende einbrachte, hat sich während der letzten Dekade mehr als verdoppelt und kostete zuletzt 228 € oder 258 CHF. Die Aktienbewertungen schwanken zwischen „Neutral“ (UBS, Merrill Lynch) und „Overweight“, wie zuletzt Morgan Stanley oder JPMorgan: Innerhalb der europäischen Pharmaindustrie sei er mit Blick auf 2019 für die grossen Produzenten aufgrund ihrer höheren Gewinndynamik optimistischer als für kleinere Anbieter, meinte JPMorgan-Analyst Richard Vosser und legte das Kursziel mit 300 CHF fest. Damit wären im Vergleich zum aktuellen Kurs knapp 20 Prozent zu verdienen. Morgan Stanley sieht das Kursziel wegen des Wandels bei Roche in puncto Forschung und Entwicklung sogar bei 307 CHF – ein Potenzial von 19 Prozent.
Text: Reinhard Krémer
Illustration: Valentin Berger
Dieser Artikel ist in unserer Jänner-Ausgabe 2019 „Growth-Innovation-Forschung“ erschienen.