DIE ZUKUNFT DES GELDES

Kryptowährungen sind noch lange nicht mit Geld gleichzusetzen – so die israelische Währungsexpertin Nadine Baudot-Trajtenberg. Deren grosses Potenzial liegt laut ihr woanders.

„Geld hat drei essenzielle Rollen inne: Es dient als Rechnungseinheit, als Zahlungsmittel und Wertanlage. Dafür muss es leicht zu bekommen, leistbar, werthaltig, tragbar, verlässlich und stabil sein“, so Nadine Baudot-Trajtenberg. Davon sind Kryptowährungen noch weit entfernt – vor allem auch deshalb, weil deren „Macher“ in erster Linie nicht an die Stabilität der Kryptos denken, was aber von allgemeinem Interesse ist.

Krypto ist noch lange kein Geld.

Bis Ende Februar 2019 war die in Montreal geborene und mit sämtlichen Würden der Banken- und Finanzwelt sowie der Akademia bedachte Währungsexpertin Baudot-Trajtenberg Vizegouverneurin der Bank of Israel. Im Gespräch wird rasch deutlich, wie tief sie in dieser Welt verankert ist – nicht nur in der „alten“, sondern auch in der „neuen“: Inmitten des Tech-Hubs Tel Aviv lebend komme man am Thema der „neuen Währungen“ auch nicht vorbei, sagt sie. Man müsse aber behutsam zwischen dem, was dem allgemeinen Krypto- und Blockchain-Hype folge, und dem, was als Währung, Geld und Vermögen gegeben sei, unterscheiden. Da halten sich Distanz und Neugierde sowie das Nachdenken darüber, was Geld eigentlich ist, wie viel man davon braucht, wer es verwalten soll und wie, bei ihr die Waage – einmal ganz abgesehen davon, dass man von rechtlich notwendigen Rahmenbedingungen noch meilenweit entfernt ist, so die Expertin weiter.

„Krypto ist noch lange kein Geld“, so Baudot-Trajtenberg, „und dies nicht nur aus der Perspektive einer Zentral- oder Privatbank betrachtet. Die Erfahrungen der letzten Zeit zeigen: Fällt der Wert, will keiner damit bezahlt werden; steigt er, wird die Kryptowährung nicht eingesetzt – sie könnte ja im Wert weiter steigen.“ Die Technologie aber, die diese Währungen mitbringen, wird das Finanzsystem nachhaltig und früher als gedacht verändern, da ist die Währungsexpertin sicher. „Spannend ist, dass über diese DLTs (Distributed Ledger Technologies, Anm.) wie die Blockchain Inter­mediäre wegfallen, was besonders bei komplexen Transaktionen schlagend sein kann. Auch hier ist Zeit Geld – und sie stellen damit eine Situation her, die im Grunde wie der Bargeldtransfer funktioniert“, so Baudot-Trajtenberg. Zudem können in die Krypto-Tokens, die in die Blockchain eingebracht werden, sogenannte Smart Contracts eingebettet werden; ein enormer Sicherheitsvorteil – „und ein enormes Potenzial auch hinsichtlich Businessmodellen, bei denen man Herr der eigenen Daten sein und bleiben kann. Da steckt noch sehr viel Unentdecktes und Unerforschtes drin. Wir stehen erst am Anfang einer interessanten Veränderung.“

Verändern wird sich auch Baudot-Trajtenbergs berufliche Zukunft. Mit Karnit Flug, bis November 2018 Gouverneurin, und Baudot-Trajtenberg wurde die weibliche Doppelspitze der Bank of Israel kürzlich durch Männer ersetzt. Ein Zeichen? Ihre Stimme lasse sie sich jedenfalls dadurch nicht nehmen. „Und: Ich habe ja auch noch drei Töchter“, schmunzelt sie. „Für die nächsten Schritte lasse ich mir Zeit. Ich blättere die nächste Seite eines Romans um und weiss noch nicht, was auf dieser stehen wird.“

Der Artikel ist in unserer April-Ausgabe 2019 „Geld“ erschienen.

Heidi Aichinger,
Herausgeberin

Up to Date

Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.