Mit dem FORBES-NEWSLETTER bekommen sie regelmässig die spannendsten Artikel sowie Eventankündigungen direkt in Ihr E-mail-Postfach geliefert.
Gemeinsam mit rund 100 Gästen stellten sich DORDA und Forbes am Weltfrauentag am 8. März die Frage, wie Frauen Krisen meistern. Die Speakerinnen des Tages beleuchteten das Thema aus den unterschiedlichsten Blickwinkeln – und sorgten so für den ein oder anderen Perspektivenwechsel.
Die „Gläserne Decke“ ist das Phänomen, dass Frauen auf ihrem Karriereweg unsichtbaren Barrieren begegnen. Das Konzept ist hinlänglich bekannt. Dass diese Barrieren sich in Krisenzeiten aber oft in Luft auflösen und Frauen eben dann öfter die Führung von Organisationen übernehmen, ist ebenfalls mehrfach wissenschaftlich belegt – und wird aufgrund des damit verbundenen Risikos als „Gläserne Klippe“ bezeichnet. „Salopp gesagt heisst das: Wenn die Männer gescheitert sind, dürfen die Frauen ran“, so Francine Brogyányi, Managing Partner von DORDA, in ihrer Ansprache. „Beispiele wie die ehemalige britische Premierministerin Theresa May zeigen deutlich, dass Frauen in der Krise Verantwortung übernehmen. Dazu gehört auch viel Mut.“
Brogyányi eröffnete das von DORDA und Forbes anlässlich des Weltfrauentags organisierte Event zusammen mit DORDA-Rechtsanwältin Magdalena Nitsche – die beiden sind für die DORDA- Initiative women@DORDA verantwortlich. Sie gaben nicht nur einen Ausblick auf das Überthema, sondern auch auf das Programm, das die rund 100 Besucher und Besucherinnen erwartete. Denn der Nachmittag sollte sich mit der Frage auseinandersetzen, wie und wie gut Frauen Krisen meistern. Und davon gibt es jedenfalls ausreichend, wie Karin Fischer, stellvertretende Leiterin der Abteilung Wirtschaftspolitik im Bundesministerium für Finanzen, in ihrer Keynote eindrücklich aufzeigte.
Fischer sprach über Krisen und Megatrends und erklärte, wie lange die Effekte aus Krisen anhalten können. So hat sich das Konsumverhalten der Bevölkerung seit Covid nie wieder ganz erholt. Und auch in Sachen Gleichberechtigung gibt es zahlreiche Herausforderungen: „Mit dem aktuellen Veränderungstempo dauert es noch rund 130 Jahre bis wir volle Gleichberechtigung erreichen – in Österreich wahrscheinlich noch länger. Das ist eine lange Zeit“, so die Ökonomin.
1,5 Grad
Im Anschluss zeigten sich unterschiedlichste Perspektiven auf vielfältige Themen. Etwa jener von Tina Deutsch, die in der ersten Paneldiskussion mit Tamara Kapeller zum Thema Titel „1,5 Grad – Wie meistern wir die Klimakrise?“ diskutierte. „Wir alle können etwas tun“, konstatierte Deutsch. „Es muss ja nicht jeder gleich selbst eine Organisation gründen.“ Genau das hat Deutsch nämlich mit ihrer NGO Kontext – Institut für Klimafragen getan. Ihr war die Debatte zu aufgeheizt, so die Unternehmerin, die zuvor bereits Klaiton Advisory mitgegründet hatte. Ihr Institut soll Evidenz in die Debatte bringen und damit helfen, Lösungen für die Klimakrise aufzuzeigen. Es geht, so Deutsch, um eine sinnvolle Einordnung der einzelnen Themen, um so besser und gezielter im Grossen agieren zu können. Sie sieht effektives Handeln gegen die Klimakrise weniger im Fokus des ökologischen Fussabdrucks, sondern vielmehr im sogenannten Handabdruck. Anders ausgedrückt: Sich mit der Bambus-Zahnbürste die Zähne zu putzen, wird à la longue nicht reichen, um das 1,5-Grad-Ziel zu erreichen.
Deutsch sprach am Podium mit Tamara Kapeller, die als Managing Partner des Beratungshauses Wentner Kapeller Havranek Board Consulting sowie als Aufsichtsrätin bei der BAWAG tätig ist und dort den ESG-Ausschuss leitet. Beide waren sich darüber einig, dass die grossen Veränderungen aus den Organisationen heraus passieren müssen. „Dort ist der Hebel am grössten“, so auch Kapeller. Im Bankensektor habe man unmittelbar mit den Vorgaben der EU zu tun, sagt sie, weshalb die „Notwendigkeit“ eines Consulting-Unternehmens auf diesem Feld irgendwann mal auf der Hand lag. „Bei uns werden Aufsichtsräte zu Sparring-Partnern – auch in ESG-Angelegenheiten – gemacht“, so Kapeller weiter. Es gebe zu Fragen der Klimaneutralität und Nachhaltigkeit inhaltlich enormen Aufhol- und Orientierungsbedarf.
Fail Better
Nach einem „Intermezzo“ von Daniela Zainzinger, die über die Arbeit von Ärzte Ohne Grenzen in Krisenherden berichtete und deren Arbeit von DORDA auch finanziell unterstützt wurde, fokussierte sich die zweite Diskussionsrunde auf unternehmerische Krisen. Geladen war Carina Roth, die ihr Start-up WisR 2021 liquidierte und heute beim VC-Investor Calm/Storm Ventures tätig ist. Roth sagte, dass für sie immer klar war, dass auch das Scheitern offen kommuniziert werden muss. „Ich habe auch davor alle Schritte meiner unternehmerischen Reise offen kommuniziert. Warum nicht auch den letzten?“, so die Forbes Under 30-Listmakerin. Annabell Pehlivan, mit Roth auf der Bühne, schilderte ihre Erfahrungen als Gründerin und Geschäftsführerin von Turnaround Innovation, wo sie als Innovationsmanagerin Unternehmen begleitet, die in der Krise stecken. Sie konnte mit Roths Kommunikationsansatz viel anfangen, denn allgemein gelte - und dies in jeder unternehmerischen Lage: „Den Kopf in den Sand stecken ist das schlechteste, was man tun kann.“
Pehlivan beschrieb auch, dass gewisse Regeln in der Krise tatsächlich nicht mehr gelten: „Da melden sich plötzlich ‘normale’ Mitarbeiter mit den allerbesten Ideen, die davor nie gehört oder ernst genommen wurden.“ Da müsse man später, bei neuer Struktur und Aufstellung der Teams darauf achten, dass genau diese Personen an die richtigen Stellen kommen, so Pehlivan sinngemäss zu den vielen Chancen, die in Krisen stecken können - wenn man sie denn erkennt.
Gesunde Geschäfte
Last but not least waren dann Tamara Gerbert und Bernadette Frech an der Reihe. Die beiden zeigten (unternehmerische) Lösungen zum Thema Gesundheit auf. Während Gerbert mit BrightmindAI, ihrer non-invasiven Hirnstimulation, Migränepatienten helfen will, ist Frech bei Instahelp CEO des Marktführers in psychologischer Online-Beratung. „Auf unserer Plattform sind die Nutzer zu je 50% Frauen und Männer. Während Covid haben wir aber bemerkt, dass mehr Frauen Instahelp nutzen, was darauf hindeutet, dass sie sich leichter tun, Hilfe anzunehmen.“ Frech selbst nutzt die Plattform einmal wöchentlich. „Ich bin die beste Kundin“, so die Unternehmerin lachend.
Gerbert, deren Lösung bei 90% der Migränepatienten 50% der Attacken verhindern könnte, erzählte, wie viel Geduld und welch langen Atem Start-ups in diesem Bereich brauchen. So ist die Markteinführung von BrightmindAI erst für 2030 geplant. In Wien fühlt sich die Neurowissenschaftlerin aber sehr wohl: „Wien ist ein Life Science-Hub, es gibt eine gute Förderungsstruktur. Wir haben Wien auch Start-up-Städten wie Berlin oder London vorgezogen.“
Beide waren sich darüber einig, dass die Gesundheitsbranche viel Veränderungspotenzial hat – dieses aber noch nicht ausreichend abgerufen wird. Und sie stimmten auch darin überein, dass Menschen in Verantwortung unbedingt auch auf sich selbst achten müssten. Denn nur dann können die grossen Krisen unserer Zeit auch entsprechend gemeistert werden.
Fotos: Studio Koekart