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Künstliche Intelligenz ist eines der grossen Hoffnungsgebiete der Wissenschaft – und der Wirtschaft. Und eines, das naturgemäss auch den Appetit der Investoren weckt.
Im Bereich Künstliche Intelligenz, („KI“), rollt der Rubel wie kaum sonst wo. Dieses Teilgebiet der Informatik befasst sich, einfach zusammengefasst, mit der Automatisierung intelligenten Verhaltens und dem maschinellen Lernen. Die Einsatzmöglichkeiten sind fast unendlich – die Bandbreite reicht von der Produktion von Sachgütern über das aktuell heiss diskutierte autonome Fahren von Pkws und Flugtaxis bis hin zu Traktoren, die von alleine pflügen. Viele Unternehmen sind hier auf der Suche nach dem „Stein der Weisen“; es wird investiert, was das Zeug hält. Jene, die schon vom Megatrend profitieren, sind immer auch im Visier von Anlegern – die Renditen sind teils spektakulär.
Dienste, die das Denken übernehmen
Die künstliche Intelligenz hat Yext gut bedacht. Der Grund: Das New Yorker Unternehmen mit knapp 1.000 Mitarbeitern ist ein Top-Datenanbieter mit über 150 Services von Betreibern wie Google, Apple, Amazon, Microsoft, Facebook und Tencent. Yext hat sie alle mit „Leitlinien“ versehen, was am Ende genauere Suchvorgänge in Echtzeit ermöglicht. Man sorgt dafür, dass Unternehmen ihre digitalen Informationen in der Cloud verwalten und mit mehr als 100 Diensten synchronisieren können. Tausende von Unternehmen weltweit, darunter auch Taco Bell, Rite Aid und Steward Health Care verwalten ihre Informationen über die Yext Knowledge Engine, um die Interaktion mit ihrer Marke zu fördern, Laufkundschaft zu generieren und den Umsatz zu steigern. Yext-CEO Howard Lerman sagte bei der letzten Ergebnispräsentation: „Heute bewegt sich die Welt hin zu intelligenten Datenbanken – KI-betriebene Dienste, die das Denken für Sie übernehmen.“
Dementsprechend war das Wachstum von Yext, das sich als Plattform für Digital Knowledge Management sieht, äusserst stark. Allein im jüngsten Quartal stieg der Umsatz des 2006 von Howard Lerman, Brent Metz und Brian Distelburger gegründeten Unternehmens um satte 33 Prozent auf 58,7 Millionen US-$. Ein Umsatztreiber war, dass Yext bei Unternehmenskunden immer gefragter wird. Das gefiel auch den Investoren, und so hat sich das Yext-Papier innerhalb eines Jahres von knapp zwölf auf 23 US-$ fast verdoppelt. In Euro blieben aufgrund der Dollar-Stärke unterm Strich sogar mehr als 100 Prozent Zuwachs übrig. Allein im laufenden Jahr wurde die Brieftasche der Anleger mit Yext um mehr als 55 Prozent fetter.
Die Wachstumsstory geht jedenfalls weiter und Yext baut das globale Geschäft weiter aus. Dafür entwickelt das Unternehmen seine Knowledge Engine stetig weiter: Das Netzwerk-Portfolio mit über 100 digitalen Plattformen hat in Deutschland auch hyper-localized Anbieter wie Gelbe Seiten, Golocal oder Das Örtliche als Partner. Unter anderem wird dieser Dienst dann von DM Drogerie Markt, BMW, Sixt, Barmenia, DEVK und Fitness First genutzt.
Maschinelles Lernen
Zu jenen Unternehmen, an die man beim Thema Artificial Intelligence nicht gleich im ersten Moment denkt, gehört Micron Technology. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Boise, Idaho, USA, gehört zu den fünf grössten Halbleiterherstellern der Welt.
Während Nvidia bei Computerchips für künstliche Intelligenz die Wahl bei den Halbleitern ist, ist Micron eine indirekte Möglichkeit, diesen Trend zu spielen. Die Spezialität von Micron sind nämlich Speicherchips. Zusammen mit Samsung und SK Hynix kontrolliert das Unternehmen rund 80 Prozent des Weltmarktes – und die Nachfrage boomt. Maschinelles Lernen kann, wie erwähnt, in Bereichen wie dem autonomen Fahren, dem Internet der Dinge und sogar in Branchen, an die man nicht sofort denkt, wie dem Gesundheitswesen und dem Finanzwesen, grosse Veränderungen bewirken. Doch diese Fortschritte erfordern die Verarbeitung umfangreicher Datenmengen. Dies bedeutet eine hohe Nachfrage nach Rechenzentren. Und weil das beste Hirn nichts taugt, wenn es sich nichts merkt, sorgen diese wiederum für die Nachfrage nach Flash-Speicherchips von Micron Technology – voilà!
Das Sommer-Hoch
Das 1978 gegründete Unternehmen mit mehr als 30.000 Mitarbeitern hat eine Marktkapitalisierung von rund 34 Milliarden US-$. Die Aktie hat heuer einen ordentlichen Boost erhalten und ist bereits um fast 25 Prozent gestiegen, mit einem Kurs zu Redaktionsschluss von 39 US-$ aber noch ein schönes Stück vom alten All-Time-High von rund 100 US-$ aus dem Sommer 2000 entfernt. Die Micron-Aktie liebt offenbar die warme Jahreszeit, denn das letzte Hoch von an die 61 US-$ wurde im Juni des Vorjahres erreicht. Nach einem Hoch bei 43,99 US-$ setzten am 25. Februar Gewinnmitnahmen ein, orten die Analysten von BNP Paribas. Diese können bisher als Pull-Back an den gebrochenen Abwärtstrend eingeordnet werden. Der verläuft aktuell bei rund 37,24 US-$.
Enttäuschung komme vor der Erholung, meint Analyst Simon Woo von Bank of America Merrill Lynch Research, und geht davon aus, dass das Ebit-Wachstum im zweiten Quartal sequenziell negativ sein könnte. Die durchschnittlichen Verkaufspreise von Flash-Speicher dürften zunächst deutlich nachgeben. Insofern könnte der Micron-Q2-Bericht die Erwartungen verfehlen, so Woo. Ein bedeutender Turnaround könnte jedoch ab dem vierten Quartal beginnen. Simon Woo hält daher am Kursziel für die Micron-Technology-Aktie von 50 US-$ fest.
Die Aktie des Cloud-Kommunikationsspezialisten Twilio hat sich in den letzten zehn Jahren vervierfacht.
Unbekannter Experte
Wenn Sie noch nichts von Twilio gehört haben, sind Sie damit garantiert nicht alleine – und trotzdem ist es kein Zufall, dass der Cloud-Kommunikationsspezialist mit Sitz in San Francisco im Endeffekt das beste Risiko-Ertrags-Verhältnis der Top-AI-Firmen hat. Die nackten Zahlen der Industrie, in der Twilio tätig ist, lassen alles offen: Mit 3,8 Milliarden US-$ könnte das Cloud-Software-Geschäft als solches stark überbewertet sein – Aktien aus diesem Bereich könnten sich in den nächsten fünf Jahren aber auch verfünffachen.
Bei Twilio – 2008 von Jeff Lawson, Evan Cooke und John Wolthuis gegründet – lief’s jedenfalls rund: Der Gesamtumsatz explodierte im vierten Quartal des Vorjahres auf 204,3 Millionen US-$, ein Plus von 77 Prozent gegenüber dem Jahr zuvor. Was als Nächstes passieren wird, hängt weitgehend davon ab, wie stark Twilio von den Entwicklungen im Bereich der künstlichen Intelligenz mitprofitieren kann, um sein eigenes Ziel zu erreichen und seine – wachsende – Nische auszubauen.
Die Anwendungsprogrammierschnittstellen (APIs) des 1.300 Mann starken Unternehmens werden von Softwareentwicklern verwendet, um Sprach- und Textnachrichten zu erstellen und zu empfangen. Twilio verfügt dabei nicht nur über simple Sprache-zu-Text-Technologie, es verbessert auch permanent seine Fähigkeiten, auch den Tenor eines Telefongesprächs herauszufiltern.
Das gefällt den Anlegern, und so legte die Aktie in den vergangenen zwölf Monaten um unglaubliche 250 Prozent zu. In den letzten zehn Jahren hat sich das Papier vervierfacht. Die weiteren Aussichten sind ebenfalls nicht schlecht: Morgan Stanley bewertet Twilio in einer ersten Analyse mit „Equal Weight“ und einem Kurs von 130 US-$ – das Unternehmen habe das Potenzial, „die Industrie zu stören und für Störungen zu sorgen“. Damit trauen die Experten von Morgan Stanley dem „Winzling“ im Unternehmensvergleich doch allerhand zu.
Von insgesamt 16 Analystenbewertungen aus den vergangenen zwölf Monaten für die Twilio-Aktie lauten jedenfalls alle unisono auf „Buy“. Auch die Empfehlungen aus dem letzten Monat laufen auf „Buy“ – damit sollte man Twilio definitiv im Auge behalten.
Text: Reinhard Krémer
Illustration: Valentin Berger
Dieser Artikel ist in unserer März-Ausgabe 2019 „KI“ erschienen.