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Die Inflation erreicht mit der Coronavirus-Pandemie gerade neue Höchstwerte, Sparer fürchten um den Verlust ihres erarbeiteten Geldes. Gerald Hörhan, auch bekannt als der Investment-Punk, investierte sein Leben lang und wurde damit reich. Er prognostiziert turbulente Zeiten – und meint, dass man dabei viel Geld machen kann.
Wie würden Sie die gegenwärtige wirtschaftliche Lage beschreiben?
Die Wirtschaft hat sich nach Corona erstaunlich schnell erholt. Wir erleben eine Boomphase, die womöglich durch einen weiteren Lockdown gedämpft wird. Gleichzeitig sieht man am Horizont turbulente Zeiten auf uns zukommen, da die Lieferketten in Schwierigkeiten sind und das Damoklesschwert der Inflation mit dem dazugehörigen Verhalten der Zentralbanken über der Wirtschaft hängt. Man kann nur hoffen, dass die Marke von 6 % Inflation, wie wir sie gerade in den USA sehen, nicht überschritten wird. Denn dann besteht die Gefahr, dass die Zentralbanken einschreiten müssen. Sollten sie das tun, werden die Märkte gewaltige Einbrüche erleben. Sollten die Zentralbanken diesen Umschwung nicht richtig vollziehen, kann uns noch einiges drohen.
Sie legen Ihr Hauptaugenmerk also auf die Inflation?
Ich lege vor allem einen Fokus darauf, wie die Zentralbanken auf dieses Spektakel reagieren. Die Inflation selbst ist auch ein Zeichen, dass es der Wirtschaft gut geht, weil die Nachfrage offensichtlich grösser als das gegenwärtige Angebot ist. Wenn die Zinsen erhöht werden, bremst man das Wirtschaftswachstum automatisch – wenn sie also zu stark erhöht werden, wird es gefährlich. Das gilt insbesondere für Assetklassen, deren Preise in den letzten 20 Jahren durch die Decke gegangen sind. Die Preise steigen und steigen – auch an den Finanzmärkten.
Sie rechnen also mit noch höheren Inflationsraten?
Das hängt davon ab, was die Notenbanken machen und wie sich Corona auswirken wird. Mittelfristig glaube ich an eine grössere Inflation, da die Pandemie sicherlich noch weitere Kosten verursachen wird und die Umstellung unserer Wirtschaft auf Nachhaltigkeit gigantische Summen kostet, die wir realwirtschaftlich nicht haben. Hier muss also ein weiterer Inflationsschub folgen. Das Problem wird jedenfalls gross, wenn die Menschen nur noch in harte Assets investieren und die Inflation dadurch generell ausser Kontrolle gerät – und damit die Zentralbank einschreiten muss.
Wie ist denn Ihr persönliches Portfolio strukturiert?
Ich besitze ein sehr diverses Portfolio. Dazu gehören harte Assets wie Immobilien, auf denen ich überschaubare Schulden habe und damit auch von der Geldentwertung profitiere. Ausserdem habe ich erhebliche Cashbestände, weil ich bei lukrativen Angeboten zuschlagen möchte. Dann habe ich noch Aktien, Kryptowährungen, Gold und direkte Beteiligungen an Unternehmen.
Was würden Sie jemandem raten, der gerade erst zu investieren beginnt?
Sich sehr gut über den Immobilienmarkt zu informieren und eine Immobilie zu kaufen. Jeder sollte in seinem Vermögensportfolio Immobilien haben, da man damit ein planbares passives Einkommen generieren kann, die andere Vermögenswerte mit dieser hohen Sicherheit nicht haben. Das ist die einfachste Art und Weise, Vermögen zu generieren. Der zweite Vorteil ist, dass man sehr günstig Fremdkapital bekommt und ein vergleichsweise geringes Risiko trägt. Ausserdem haben Immobilien weit grössere Steuervorteile als andere Vermögenswerte.
Ergibt es denn heute noch Sinn, Immobilien zu kaufen, obwohl sich die Preise in den letzten 20 Jahren vervielfacht haben?
Nicht überall – Sie müssen gut einkaufen. Vor zehn Jahren konnten Sie auf eine Plattform gehen, die Wohnungen verkauft, und blind eine Wohnung kaufen; die hätte sich preislich gut entwickelt. Dasselbe hätten Sie auch am Aktienmarkt gemacht. Selbst wenn die Preise in den kommenden zehn Jahren sinken sollten, werden sie in den Ballungszentren sicherlich wieder steigen. Wenn Sie wissen, wie Sie mit dieser Immobilie arbeiten und an welchem Standort Sie diese kaufen, dann können Sie immer noch ein gutes Geschäft machen. In München ist es beispielsweise viel zu teuer, das rechnet sich nicht mehr.
Wo würden Sie denn heute das Potenzial sehen?
In Österreich ist es besonders schwierig. In Deutschland würde ich sagen, dass man sich in den Speckgürteln der grossen Metropolen umsehen sollte – und in den langweiligen, aber wirtschaftsstarken Sekundärstädten; Bielefeld, Braunschweig, Lübeck oder dergleichen. Man kann dort noch ein Geschäft machen – in Österreich gibt es zu viele Kapazitäten.
Was würden Sie jemandem in Anbetracht der gegenwärtigen Situation raten?
Zuerst braucht man Cash, denn man profitiert letztlich von der Geldentwertung. 25 bis 30 % des Vermögens gehen als Eigenkapital in eine Immobilie. Wenn man eine Million € Vermögen hat, kann man mit 300.000 € Eigenkapital beginnen, eine Immobilie für 1,5 Millionen € zu kaufen. Dann hat man zwar 1,2 Millionen € Schulden, die Inflation hilft aber, diese Schulden zu entwerten. Man sollte zudem 150.000 € Cash haben, 5 bis 6 % des Portfolios in Gold besitzen, genauso viel in Kryptowährungen, und 20 bis 25 % in Aktien. Den Rest kann man für direkte Beteiligungen nutzen, etwa Kunst, oder was man sonst gerne mag.
Wie sehen Sie die nächsten zehn Jahre?
Sehr turbulent, da werden einige Umbrüche folgen. Gegenwärtig ist das ESG-Thema (Environmental and Social Governance, Anm.) von Blackrock unter CEO Larry Fink in die Wege geleitet worden. Hier werden enorme Summen aufgewendet, um die drängendsten Probleme der Welt zu lösen. Das bedeutet: Dinge vereinfachen, effizienter machen, aber auch als Investor im Bereich Nachhaltigkeit tätig werden. Am Ende wird man das meiste Geld verdienen, wenn man etwas Positives bewirkt und ehrlich ist.
Text: Muamer Bećirović
Fotos: Philipp Lipiarski
Dieses Advoice erschien in unserer Ausgabe 9–21 zum Thema „Handel“.