Der Franken feiert – die Nationalbank zögert

Zum 175. Geburtstag zeigt sich der Schweizer Franken in Bestform: stark, gefragt, unerschütterlich. Doch genau das bringt die Schweizerische Nationalbank (SNB) unter Druck. Denn ein zu starker Franken ist nicht nur Symbol nationaler Stabilität – er wird zunehmend zum Risiko für Konjunktur, Preisentwicklung und wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit.

Am 7. Mai 2025 feierte der Schweizer Franken seinen 175. Geburtstag – und zwar mit einem Paukenschlag. Seit Jahresbeginn hat die eidgenössische Währung gegenüber dem US-Dollar um mehr als 10 % zugelegt. Ein Höhenflug, der Erinnerungen an 2011 wachruft, als die SNB mit drastischen Eingriffen am Devisenmarkt eine Überbewertung stoppen musste. Auch diesmal beobachtet die Nationalbank die Entwicklung mit wachsender Nervosität.

SNB-Direktoriumspräsident Martin Schlegel stellte klar: Sollte der Franken weiter aufwerten, sei die Notenbank bereit, erneut einzugreifen. Dabei steht für ihn eines ausser Frage: Die Preisstabilität in der Schweiz hat oberste Priorität. Denn eine zu starke Währung verteuert nicht nur Schweizer Produkte im Ausland und schwächt somit die Exportwirtschaft – sie senkt auch die Importpreise und bremst die Inflation. Im schlimmsten Fall droht ein Rückfall in die Deflation, wie sie die Schweiz in den 2010er Jahren mit Negativzinsen und wachsender wirtschaftlicher Unsicherheit erlebt hat.

Schlegel betont, dass sich die SNB nicht von politischen Überlegungen leiten lasse – weder von Washington noch von Brüssel. Die Schweizer Geldpolitik sei unabhängig und einzig auf die Stabilität im Inland ausgerichtet. Gleichzeitig ist der Spielraum der Notenbank begrenzt: Der Leitzins liegt derzeit bei 0,25 %. Viel tiefer kann er kaum gesenkt werden, ohne erneut in das Terrain der Negativzinsen abzurutschen. Doch dorthin will niemand zurück – weder die SNB, noch die Banken, noch die Sparerinnen und Sparer.

Ökonomisch hat der starke Franken zwei Seiten. Für Konsumenten bedeutet er günstigere Importe – etwa bei Lebensmitteln, Elektronik oder Reisen ins Ausland. Für die Exportindustrie hingegen wird der Margendruck grösser. Unternehmen, die in Euro oder US-Dollar fakturieren, müssen bei jedem Prozent Aufwertung zusätzliche Preisabschläge hinnehmen – oder sie riskieren, Aufträge zu verlieren. Laut Schätzungen der Zürcher Kantonalbank könnte die Exportwirtschaft allein durch die aktuelle Entwicklung Einbussen in Milliardenhöhe erleiden. Ein konkreter Umsatzverlust lässt sich schwer beziffern, da er stark von Branche und Wechselkursabsicherung abhängt. Doch klar ist: je stärker der Franken, desto höher der Druck auf die exportorientierte Industrie.

Für die Zukunft bleibt die Situation angespannt. Sollte der Franken weiter zulegen, könnte die SNB gezwungen sein, erneut am Devisenmarkt zu intervenieren – etwa durch gezielte Käufe ausländischer Währungen oder durch eine weitere Lockerung der Geldpolitik. Beides würde die Bilanz der Nationalbank belasten und möglicherweise politische Debatten über ihre Rolle und Reichweite neu entfachen.

Der Schweizer Franken mag ein Symbol für Sicherheit und wirtschaftliche Solidität sein. Doch seine Stärke ist auch eine Herausforderung – für die Nationalbank, für die Wirtschaft und für die Politik. Was bleibt, ist ein Balanceakt zwischen globaler Nachfrage nach Stabilität und den Bedürfnissen der eigenen Volkswirtschaft. Der Franken lebt hoch – aber nicht zu hoch.

Foto: Thiago de Andrade

Forbes Digital

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