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Globales Bevölkerungswachstum, Klimawandel und Ineffizienz führen zur Verknappung einer unserer wichtigsten Ressourcen: Wasser. Als CEO von Amiblu, einem weltweit führenden Wassersystemproduzenten aus Klagenfurt, will Alexander Frech mit dem laut Eigenaussage effizientesten und nachhaltigsten Produkt den Weltmarkt für Kanalrohre revolutionieren – und ein bisschen auch die Welt retten.
Wenige Autominuten von der Wiener Stadtgrenze entfernt reihen sich die Häuser in Klosterneuburg wie grossräumige Dominosteine aneinander. Unternehmer und Manager, Politiker und Künstler leben hier, in einer der teuersten Gegenden Österreichs. Unter ihnen ist Alexander Frech, der ein blau kariertes Hemd und eine Anzughose trägt.
„Ich stamme aus einer Kaufmannsfamilie. Über Jahrhunderte hinweg waren wir unternehmerisch tätig – und sind es heute noch. Etwas leisten, etwas schaffen, das wurde bei uns immer grossgeschrieben.“ Und auch Frech ist dem Dasein als Unternehmer nicht fern geblieben: Seit 2019 leitet er das Kärntner Unternehmen Amiblu, das sich auf die Herstellung von Wasserrohren aus glasfaserverstärkten Kunststoffen (GFK) spezialisiert hat. Dabei will Frech aber nicht den Status quo weiterführen, sondern Amiblu zu neuen Höhen verhelfen – denn er will Lösungen finden, um die seiner Meinung nach wichtigste Ressource der Zukunft sicher und sauber von A nach B zu transportieren. Dass Wasser diese Rolle zukommen könnte, empfinden auch andere so: US-Vizepräsidentin Kamala Harris sagte kürzlich etwa: „Jahrelang wurden Kriege wegen Öl geführt. In Kürze werden diese Kriege wegen Wasser geführt werden.“
Amiblu entstand im Jahr 2017 aus einer Fusion. Die Anfänge der Technologie reichen aber deutlich weiter zurück – und zwar ins Jahr 1957. Damals wickelte eine Schweizer Stückfärberei beim Färbeprozess teuren Stoff um einen Holzzylinder. Die dabei abgegebenen Holzsplitter gefährdeten aber nicht nur den Stoff, der Zylinder saugte auch schnell Farbe auf und musste regelmässig ausgetauscht werden. Die Ingenieure suchten nach Alternativen und entwickelten ein leichtgewichtiges Rohr aus glasfaserverstärktem Kunststoff – auch GFK genannt. Leichtigkeit, Langlebigkeit und Widerstandsfähigkeit des Materials eigneten sich neben dem Färben aber auch für andere Anwendungen.
Das Basler Unternehmen gründete eine Tochter namens Hobas, die sich auf die Produktion solcher Rohre fokussierte. 1977 erwarb dann die im Familienbesitz befindliche Kärntner Wietersdorfer-Gruppe die Lizenz für die Rohrproduktion in Österreich und beteiligte sich 1984 zu 50 % an Hobas. 2011 erwarb die Familie dann die restlichen Unternehmensanteile. Um an frisches Kapital zu kommen, gründete die Wietersdorfer-Gruppe 2017 ein gleichberechtigtes Joint Venture mit dem saudi-arabischen Rohrhersteller Amiantit – Amiblu war geboren.
Mehr als 60 Jahre nach dem Ursprung der Technik beschäftigt Amiblu 1.500 Mitarbeiter weltweit, verbaut pro Jahr etwa 1.000 Kilometer Rohre und erzielt einen Umsatz (samt Lizenznehmern) von fast einer halben Milliarde €. Mit 60 % Marktanteil in Europa ist das Unternehmen mit Sitz in Klagenfurt Europamarktführer bei GFK-Rohren. Doch dem neuen CEO reicht das nicht: Frech will aus der Nische heraus den Weltmarkt erobern und damit einen neuen Standard in der Wasserversorgung setzen. „Ich sass damals mit den Eigentümervertretern zusammen und sagte ihnen, dass ich der Falsche bin, wenn sie jemanden suchen, der das Unternehmen einfach um ein paar Prozent besser machen soll. Wenn wir jedoch gemeinsam radikal denken wollen und so etwas Unglaubliches möglich wird, dann will ich es unbedingt machen.“ Der Markt scheint tatsächlich da zu sein: Unser Planet besteht zu 71 % aus Wasser, wovon aber nur 1 % flüssiges Süsswasser ist, wobei sich ein Grossteil dieses Wassers im Untergrund befindet und daher schlecht erreichbar ist.
Laut dem World Resources Institute (WRI) in den USA werden die meisten Menschen schon 2040 nicht ausreichend Wasser zur Verfügung haben. Ein ordentliches Kanalsystem könnte das Problem lindern: Italien, das jährlich über acht Milliarden Kubikmeter Wasser durch sein Wassernetz transportiert, verliert alleine drei Milliarden Kubikmeter wegen undichter Stellen in den Rohren. Durch bessere Wartungen lässt sich zwar Wasser sparen; diese Lecks zu schliessen würde jedoch den vollständigen Austausch des Rohrnetzes erfordern, wie National Geographic schreibt.
Dass Alexander Frech einer Unternehmerfamilie entstammt, merkt man schnell. Nach der Schule studierte er an der Wirtschaftsuniversität im deutschen Lörrach. Nach seinem Bachelorstudium, das er 2002 abschloss, fing er beim Baumarktriesen Obi als Management-Trainee an. Kurze Zeit später übernahm er Führungsverantwortung. Doch das war Frech nicht genug: „Es fehlte mir an Demut.“
Von Starbucks inspiriert und mit Eis als Produkt eröffnete er mit ähnlichem Konzept parallel zu seiner Führungsposition im Baumarkt mehrere Eisgeschäfte. Doch die Doppelbelastung sollte sich nicht lohnen: „Ich habe vieles falsch gemacht und viel Geld verloren.“ Trotz des Fehlgriffs folgte die Karriere schnell: Mit 30 Jahren wurde Frech Geschäftsführer von Baumax in Rumänien, mit 32 übernahm er die gleiche Stelle in Österreich und mit 35 war er Senior Vice President der Österreichischen Post AG. Parallel dazu absolvierte er einen MBA in St. Gallen und ein Doktorat in Nitra. Als er die Post nach sieben Jahren verliess, um etwas Neues zu machen, musste er nicht lange nachdenken: Es verging ein Tag – und Frech erhielt das Angebot, CEO von Amiblu zu werden.
Doch was macht GFK-Rohre besser als Konkurrenzprodukte? Materialien wie Stahl, Gusseisen oder Stahlbeton können korrodieren, Thermoplastik ist bei grösseren Durchmessern nicht steif genug und belastet bei der Produktion die Umwelt stark. Die CO2-Bilanz der GFK-Rohre ist gegenüber allen anderen Materialien besser. Zum anderen halten Amiblus Rohre bis zu 150 Jahre, während ein Betonrohr unter normalen Wetterbedingungen optimistisch geschätzt nur rund 100 Jahre hält. Das Recycling ist aber kompliziert: Das GFK-Rohr wird geschreddert, die Reste in Zement gemischt oder verbrannt. Amiblus Forschung, sagt der CEO, arbeite jedoch auf Hochtouren, um eines Tages eine kreislaufwirtschaftliche Lösung zu finden. Ein weiterer Vorteil laut Frech: GFK-Rohre halten auch Extremwetterzuständen stand. Doch es gibt einen grossen Nachteil: den Preis. Je nach Bedarf sind die Rohre um 20 oder sogar 100 % teurer als vergleichbare Rohre aus anderen Materialien.
Alexander Frech
... studierte Betriebswirtschaft. Seit 2019 ist er CEO von Amiblu.
Zwar ist Amiblu in der GFK-Nische mit 60 % Marktanteil Europamarktführer, doch Frech will aus dieser Nische heraus und die anderen 96 % des Rohrmarkts im Kanalbau erobern. Laut Frech fokussierte sich das Unternehmen vor seinem Antritt zu sehr darauf, weiterhin seine Nische zu dominieren. Zudem sei der Verkauf des Produkts herausfordernd, da die Kunden, oftmals Städte, Abwassergemeinschaften oder Wasserversorgungsinstitutionen, gerne zum Gewohnten greifen. „Wir müssen viel Aufklärungsarbeit leisten“, so Frech. Dennoch laufen die Geschäfte gut: In 146 Ländern habe man Projekte abgeschlossen; jedes Jahr kommen in 80 bis 100 Ländern weitere Verträge hinzu.
Doch was treibt Frech eigentlich an? Es sei die Neugier, so der Manager; Geld habe er im Laufe seines Lebens ausreichend verdient. Und dann spricht er noch von der „moralischen Verpflichtung für die Zukunft unserer Kinder“ – ganz der Familiendynastie verpflichtet will offensichtlich auch er ein Vermächtnis hinterlassen.
Text: Muamer Bećirović
Fotos: Amiblu
Dieser Artikel erschien in unserer Ausgabe 7–21 zum Thema „Smart Cities“.