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Das Berliner Start-up Trecker verspricht ein effizienteres Management von Landwirtschaftsbetrieben.
„Wir begannen 2012 mit der Entwicklung der Software in der Königsdisziplin: der Maisernte. Landwirte sind ja sehr direkte Zeitgenossen. Da weiss man, woran man ist. Das war am Anfang wichtig, weil wir viel Feedback bekommen und somit nichts für die Mülltonne entwickelt haben“, erinnert sich Trecker-CEO Miro Wilms an die bescheidenen Anfänge des Unternehmens zurück. Gemeinsam mit Mitgründer Benedikt Voigt baute Wilms Trecker 2012 auf dem Campus der Berliner Humboldt-Universität auf. „Wir hatten beide zuvor eigentlich nichts mit Landwirtschaft zu tun und mussten persönlich in die Betriebe fahren und uns vor Ort ein Bild machen. Die Landwirte haben uns in Touren gezeigt, wie sie arbeiten. Ein Landwirt musste alle zwei Minuten ans Handy, ständig war etwas: Eine Maschine steht, es brennt irgendwo; gleichzeitig herrschte im Büro eine Zettelwirtschaft“, beschreibt Wilms den hektischen Alltag der Landwirte, in dem die Trecker-App Abhilfe schaffen soll. Seit Sommer 2013 ist das Software-as-a-Service-Produkt auf dem Markt.
Mit der Cloud verbunden verspricht es, den Landwirtschaftsbetrieb von überall via Smartphone einfach und in der Sekunde verwaltbar zu machen, weil die Dokumentation von unterwegs möglich ist – etwa von Arbeitszeiten. Mit GPS verbunden sieht der Bauer, wo sich seine Mitarbeiter aufhalten, und kann Tätigkeit und Zeit in der Anwendung ablegen. „Der Landwirt braucht ein einfaches System“, sagt Wilms, „morgens drückt er bei der App auf Start, abends auf Stopp – und unterwegs gibt er ein, mit welchem Betriebsmittel welche Tätigkeiten verrichtet werden. Wenn er dann um zehn oder elf Uhr abends zu Hause ankommt, muss er sich nicht mehr an den Laptop setzen und hat alle Daten in einem System verfügbar.“
Das System erfüllt – bei der Lohnverrechnung zum Beispiel – auch Dokumentationsstandards. Trecker bietet zudem Benchmark-Werte an – Betriebe können also überprüfen, ob sie bei Performanceindikatoren wie Kosten pro Feld im Schnitt liegen. Wilms: „Diese Daten sammeln und geben wir natürlich anonymisiert an.“ Mit dem unlängst gestarteten Projekt „Big Data Agrarplattform“ sollen weitere Datenquellen, etwa Wetter- und Satellitendaten, eingebunden werden. So soll das Management noch präziser erfolgen. Beispielsweise lässt sich somit erfassen und anzeigen, wo ein Acker mit Schädlingen befallen ist und wo Pestizide nur noch punktuell zum Einsatz kommen. Trecker betont, die gesammelten Daten nicht an Dritte weiterzugeben. Die Europäische Union förderte das Projekt 2017 mit 850.000 €.
„Solche Systeme sind in der Landwirtschaft wichtig. Wir könnten auch ein Schädlingsfrühwarnsystem etablieren und Schädlingsbewegungen für ganz Europa dokumentieren“, sagt Wilms. Der Preis für das Software-Abonnement ist von der Betriebsgrösse abhängig. 4.000 Kunden hat das Berliner Start-up bereits – wie hoch die Umsätze sind, will Wilms jedoch nicht verraten. „Wir fliegen lieber etwas unter dem Radar. Die Branche ist schwierig, am Anfang waren wir die Einzigen – mittlerweile haben wir Konkurrenz von grossen Firmen in dem Segment“, erzählt er. „Wir waren in den vergangenen Jahren dreimal bei der Agritechnica, der grössten Agrarmesse Europas. Beim ersten Mal wurden wir als jemand belächelt, der schnell wieder weg sein würde. Das hat sich in den Folgejahren geändert. Beim zweiten Mal kam ein Herr von einem Konzern mit Anzug und Schlips zu unserem Stand und mahnte uns wegen unseres Slogans ab, der besagt, dass wir die einfachste Software der Landwirtschaft anbieten. Laut dem Herren dürften wir das nicht sagen und wir sollten doch unseren Stand einpacken und heimgehen. Unsere damalige Marketingchefin klebte einfach einen Teil ab und blieb stehen – eine echte David-gegen-Goliath-Situation.“ Das Unternehmen sammelte Ende 2014 2,1 Millionen € in einer Series-A-Finanzierungsrunde ein. „Das Investment gab uns die Möglichkeit, das Unternehmen aufzubauen“, so Wilms.
Laut einer Befragung des Deutschen Bauernverbandes aus dem Jahr 2016 nutzt bereits jeder zweite Bauer digitale Lösungen für seinen Landwirtschaftsbetrieb – bei rund 40 Prozent der Befragten waren das jedoch Fütterungsautomaten oder Hightech-Landmaschinen. 2030, so antwortete mehr als die Hälfte der Befragten, würden fahrerlose Traktoren, autonome Drohnen und Farmmanagementsysteme weit verbreitet sein. Die Digitalisierung der Landwirtschaft ist also nicht nur bereits im Gange, sondern auch notwendig. „Landwirte sind knallharte Unternehmer. Sie wissen genau, dass sie nicht wie bisher arbeiten können und jedes Jahr die Kosten senken und die Erträge steigern müssen. Das geht mit besseren Betriebsmitteln, Erntestrategien oder anderen Erkenntnissen aus der Umsatzsoftware. Es herrscht ein unglaublicher Druck in der Branche“, erklärt Wilms. Dieser kommt nicht nur von innen durch einen harten Preiswettkampf, Druck kommt auch von aussen: Die Agrarflächen werden durch die zunehmende Urbanisierung kleiner, während die Weltbevölkerung wächst. Während ein einziger Bauer 1900 noch vier Menschen ernähren musste, stand diese Zahl 2013 bei 145 Personen. Bis 2050 werden es 200 sein. Der Hunger, den Landwirte in Zukunft stillen werden müssen, wird also nur noch grösser werden. Da wird Effizienzsteigerung wohl sehr willkommen sein.
Dieser Artikel ist in unserer März-Ausgabe 2018 „Food“ erschienen.