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Mit DIY-Shirts hat Luis Dobbelgarten seine Liebe zur Mode entdeckt. Heute entwirft der Designer Denim- und Lederkollektionen, die Rapper und NBA-Spieler tragen. Eine wachsende Fangemeinde aus Gen Z und Branchenkennern könnte endgültig den internationalen Durchbruch markieren.
Der bisher grösste Erfolg von No Faith Studios war nicht planbar: 2024 eröffnete US-Rapper Drake die „It’s all a blur“-Tour in einem massgeschneiderten Outfit des Labels. „Das war verrückt, ich erinnere mich noch ganz genau“, sagt Luis Dobbelgarten. Als Designer bekomme man laufend Anfragen durch Stylisten. „Das sind Rundmails, die 300 Designer gleichzeitig erhalten“, so Dobbelgarten. „Bei Drake dachte ich mir natürlich: ‚Wäre cool, wenn das klappt!‘ Daran geglaubt haben wir aber nicht“, erzählt er.
Bis der Stylist von Drake Dobbelgarten auf Instagram gefolgt sei. Kurz darauf habe er sich mit dem Wunsch einer Massanfertigung an No Faith Studios gewandt. Dafür hätten Dobbelgarten und sein kleines Team drei Wochen Zeit gehabt – einen Tag vor Drakes Tourstart in Florida kamen die fertigen Kleidungsstücke schliesslich bei Dobbelgarten an. An eine Express-Sendung sei dann schon nicht mehr zu denken gewesen. Dobbelgartens Bruder und Mann fürs Zahlenwerk, Leon, habe deshalb den Flieger in die USA bestiegen. Bis zuletzt war offen, ob der Rapper tatsächlich zu dem Design von No Faith Studios greift, so Dobbelgarten. Er liess deshalb seinem Bruder den Vortritt. „Was, wenn er die Sachen nicht anzieht?“, habe er sich gefragt. „Dann stehst du da im Stadion und bist enttäuscht.“ So war es Leon, der den historischen Moment vor Ort erlebte: „Die Show beginnt und plötzlich sehe ich einen weissen Schuh, eine weisse Hose, eine weisse Jacke. Ich habe sofort mein Handy herausgeholt und einen Whatsapp-Videochat gestartet“, sagt er. Es war vier Uhr morgens in Deutschland, aber alle seien hellwach gewesen.
Künstler wie Drake dafür zu bezahlen, ihre Entwürfe zu tragen, hätte das Budget von No Faith Studios gesprengt. „Mir war immer wichtig, dass alles organisch passiert“, sagt der Designer. Bis heute wurde nie jemandem Geld dafür geboten, sich mit Stücken des Labels einzukleiden. Aufmerksam auf die Jungs aus der Eifel wurde die Modewelt auch so: Ihre ungewöhnlichen Entwürfe aus Denim und Leder haben Endverbraucher und Vertreter der Modeindustrie gleichermassen neugierig gemacht. Jeanshosen sind um durchschnittlich 190 € erhältlich, die Lederkollektion startet bei 800–900 €. 2023 hat das Team um Dobbelgarten damit 3,7 Mio. € Umsatz erzielt – 2024 dürfte es noch deutlich mehr gewesen sein. Auf Instagram folgen dem Label über 330.000 Menschen.
Seinen Anfang nahm alles mit einer Siebdruckmaschine. Luis Dobbelgarten, damals 13 Jahre alt, besuchte in den Ferien ein Skate-Camp – und bedruckte dort T-Shirts. Wenig später verkaufte er sein Paar Jordan-Sneakers, um mit dem Erlös ein eigenes Gerät anzuschaffen. Damals entstand der Name, der sein Label noch heute trägt: „No Faith Studios“ – eine Hommage an das Einzelgängertum. „Das passiert, wenn du 15 Jahre alt bist und den Namen in deinem Kinderzimmer aussuchst!“, lacht Dobbelgarten. Drei Jahre später mietete der Jungdesigner ein kleines Studio in seinem Heimatdorf in der Eifel an. „Wirklich jeden Tag, von morgens bis abends, haben wir dort Siebdruck gemacht“, erinnert er sich. Einzelne Freunde seien dazugestossen. Das Geld für eine Produktion im Ausland sei aber nicht da gewesen. Entsprechend einfach gestaltete sich der Herstellungsprozess: Dobbelgarten sei für das Bedrucken der Shirts zuständig gewesen, ein Kollege habe alte Etiketten herausgeschnitten und durch neue ersetzt. „Es war einfach ein Hobby, das dann ein bisschen grösser wurde“, so Dobbelgarten.

Mit der Zeit sei der modische Anspruch gestiegen, sagt er. Als Sechzehnjähriger hat sich Dobbelgarten zum ersten Mal in den Zug nach Paris gesetzt, um Inspiration zu sammeln. Mit Erfolg: „In Paris habe ich sofort gemerkt: Man kann viel mehr machen als T-Shirts und Hoodies“, erzählt er. Nach der Ankunft am Bahnhof sei er als Erstes zu Comme des Garçons gelaufen, und zu Supreme, einer in der Skate-Community populären Marke. Von da an habe er Paris immer wieder besucht, so der Designer. „Du läufst in Paris an den Plakaten all dieser Designer vorbei und denkst dir: ‚Irgendwann will ich auch so weit sein!‘“, so Dobbelgarten. Diese Plakate inspirieren ihn bis heute. Am liebsten hätte er bereits damals begonnen, im Ausland zu produzieren. Dobbelgarten lacht, während er weiterspricht: „Ich wollte sehr ausgefallene Sachen machen, Jeanshosen mit 100 Taschen zum Beispiel. Aber das macht dir kein Italiener.“ Über Instagram stiess der Designer auf eine Produktionsfirma in China, die erste Hosen nach seinen Wünschen anfertigte. Dann die Überraschung: Bei einer der ersten Aktionen hätten sie auf einen Schlag 200 Hosen des Modells „Flared Denim“ verkauft, eine Schlaghose mit Used-Effekten. Dobbelgartens Neugier war geweckt.
Vergangenes Jahr war das Team noch in einem Studio in Berlin-Lichtenberg eingemietet, aber schnell sei klar geworden: Wer international erfolgreich sein will, muss nach Paris. „Hier wird es viel schwieriger, aber wenn es klappt, hast du es wirklich geschafft“, sagt der Designer. Vor ein paar Monaten sind Dobbelgarten und sein bester Freund Mo, seit Jahren Teil des Labels, in die französische Hauptstadt gezogen. An ihrem Designprozess habe das wenig verändert: Noch immer beginnen Dobbelgarten und sein bester Freund schon morgens damit, gemeinsam Entwürfe zu zeichnen. Meistens auf ihren iPads, manchmal auf Papier. Der grösste Unterschied zu früher sei, dass sie mehr finanzielle Möglichkeiten besässen, um ihre Ideen umzusetzen.
Davon habe Dobbelgarten viele. Aber er ergänzt: „Wir wissen, dass wir durch Klamotten und vor allem Jeanshosen bekannt geworden sind. Diese Identität wollen wir auch nicht verlieren.“ Wer einen Blick in den Onlineshop von No Faith Studios wirft, dem begegnen vor allem Denim und Leder – beides zeitlose Materialien, die in jeder Saison präsent seien. „Wir produzieren unser Leder in Italien in derselben Produktionsstätte, in der Marken wie Saint Laurent produzieren lassen. Die verkaufen ihre Jacken für 6.000, 7.000 €, während wir unsere um 800 € anbieten. Eigentlich ist das viel zu günstig. Aber wir lieben es, Menschen auf der Strasse zu sehen, die unsere Sachen tragen“, so Dobbelgarten. Die sozialen Medien haben zu ihrer Popularität beigetragen. Sich auch abseits dessen in der Modeindustrie zu behaupten sei den Gründern aber umso wichtiger.
Als Ziel nennen sie eine eigene Laufstegshow. Ende des Sommers stehe jedoch zuerst eine Kollaboration mit Puma an; ihre erste überhaupt. Damit würden die Gründer in die Fussstapfen von Designikone Jil Sander und Fussballgrösse Diego Maradona treten – und das alles nur wegen einer Siebdruckmaschine.
Luis Dobbelgarten entwirft Mode, seit er 13 Jahre alt ist. Gemeinsam mit seinem Bruder Leon und seinem besten Freund Mo hat er das Label No Faith Studios aufgebaut, das für seine Denim- und Lederkreationen bekannt ist.
Fotos: No Faith Studios