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Mit der Kleidermarke Snocks hat sich Johannes Kliesch den Traum eines eigenen Unternehmens erfüllt. Neue Grössenordnungen will er mithilfe von Suchmaschinenoptimierung erreichen. Auftritt: Niels Stuck, der „Wolf of SEO“.
In Deutschland suchen mehr als 35.000 Menschen pro Monat nach dem Schlagwort „Hoodie“, 18.000 Menschen geben in der Suchmaschine das Wort „Boxershorts“ ein, und 17.000 Menschen googeln das Wort Socken. Selbst das doch spezifische Wort „Sneakersocken“ wird von 3.600 Menschen pro Monat gesucht. Das sind Grössenordnungen, die nicht nur über Erfolg oder Misserfolg eines Unternehmens entscheiden, sondern für sich das Fundament eines erfolgreichen Geschäftsmodells bilden können. Entscheidend ist dabei aber, dass die Menschen, die nach diesen Schlagworten suchen, auch auf die Website des Unternehmens kommen. Doch wie kann das klappen?
Als Johannes Kliesch und sein Cousin Felix Bauer während des Studiums ihre Zukunft planten, war ihnen klar, dass ein klassischer Nine-to-five-Job für sie keine Option ist. Die beiden wollten selbstständig sein – Branche unklar. „Wir wollten uns selbstständig machen, waren uns aber nicht sicher, womit“, sagt Kliesch. Das Duo probierte unterschiedliche Tätigkeiten aus, versuchte sich beim Onlinepoker und im Daytrading. Wirklich erfolgreich war Kliesch jedoch mit dem „Reselling“ von Sneakern: Dabei kauft man neue, möglichst seltene Sneakerpaare günstig ein – was gut und gerne auch mal bedeutet, vor einem Schuhgeschäft zu kampieren – und verkauft sie dann für Gewinn weiter.
Kliesch: „In der Szene gab es damals keine coole deutsche Sockenmarke.“ Also entschieden die beiden, sich in diesem Bereich zu engagieren – Snocks (der Begriff steht für Sneakersocks) war gegründet. Geburtshelfer war das „Fulfillment by Amazon“-Programm: Dabei kümmert sich die Plattform des Internetriesen um alle logistischen Details, wickelt also alle Logistikaufgaben ab: Sie verschickt die Produkte im Namen der Händler an Endkunden und kümmert sich etwa um Kundenservice und Rücksendungen.
Johannes Kliesch (links)
... gründete Snocks mit seinem Cousin Felix Bauer 2016 in Mannheim.
Niels Stuck
... gründete seine SEO-Agentur Wolf of SEO im Januar 2019 in Treuenbrietzen.
Kliesch und Bauer gründeten im Oktober 2016 Snocks, liessen sich aus China verschiedene Samples schicken und entwickelten dann mit „Trial and Error“ die richtigen Socken. Freunde und Familie zeigten sich interessiert, grosse Volumen bewegten Kliesch und Bauer jedoch nicht. Kliesch fing an, sich mit Suchmaschinenoptimierung (Search Engine Optimization, SEO) und Suchmaschinenwerbung (Search Engine Advertising, SEA) zu befassen. „Wir haben ein sehr suchegetriebenes Produkt, daher machten diese Tools durchaus Sinn“, sagt er heute. Das vorhandene Geld investierten die Gründer ab sofort in die Optimierung der eigenen Produktseiten und in digitale Werbung. Der Umsatz begann zu steigen, erst auf 10.000 €, bald auf 20.000 €.
Kliesch und Bauer expandierten mithilfe eines 50.000-€-Kredits von ihrer Bank und erweiterten die Produktpalette. Heute hat Snocks 15 Mitarbeiter, bietet von Socken und Unterwäsche über T-Shirts und Hoodies ein breites Sortiment an. Insgesamt geben Kliesch und Bauer pro Monat zwischen 100.000 und 150.000 € für Advertising aus, und zwar zu 100 % im digitalen Bereich. Die Investitionen lohnen sich anscheinend, denn der Jahresumsatz belief sich zuletzt auf einen „fast zweistelligen Millionenbetrag“.
Um die monatlich Suchenden im fünfstelligen Bereich noch stärker anzusprechen, wollte Kliesch seine Expertise im Bereich Onlinemarketing erweitern. Der Gründer postete im Sommer 2019 einen Beitrag zum Thema SEO auf LinkedIn. Einer der Kommentare weckte Klieschs Aufmerksamkeit – Niels Stuck hatte Blut geleckt. Der als „Wolf of SEO“ agierende Jungunternehmer betreut Kunden dabei, ihre Suchergebnisse erfolgreicher zu machen.
Seit September 2019 arbeitet Stuck für Snocks und hilft dem Unternehmen, Kunden online noch treffgenauer anzusprechen. „Wir haben gleich losgestartet und etwa mit Optimierungen sowie gezieltem Linkaufbau angefangen. Das ist besonders wichtig, denn wenn eine thematisch passende Seite zu einer anderen verlinkt, interpretiert Google dies als Empfehlung und platziert die verlinkte Website deutlich weiter oben in den Suchergebnissen. Die Wirkung von Verlinkungen wird hierzulande so stark unterschätzt, dass wir leichtes Spiel haben“, sagt Niels Stuck.
Mittlerweile ist Snocks in Deutschland unter den ersten Treffern, wenn Kunden Schlagworte wie „Socken“, „Boxershorts“, „Sneakersocken“ oder beliebige andere Begriffe des Produktsortiments googeln. Das mag einfach klingen, war aber eine Herausforderung, so Stuck: „Kurze Begriffe sind am schwierigsten. Wenn man nach Socken sucht, konkurrieren wir als Start-up mit kleinstem Sortiment mit allen grossen Shops, etwa Amazon, Zalando, Otto, AboutYou et cetera. Die konnten wir aber recht schnell schlagen. Wir haben in etwas mehr als drei Monaten unsere Sichtbarkeit verzehnfacht.“
Snocks macht heute die Hälfte seines Umsatzes über Amazon, die zweite Hälfte über den eigenen Onlineshop. Die Kunden, die direkt auf den Onlineshop kommen, tun das heute zwar noch vorrangig über Facebook Ads – „so kommen etwa 50 bis 60 % der Kunden zu uns“ –, doch der Umsatzanteil von SEO am Onlineshop ist durch das organische SEO-Wachstum seit dem Einstieg von Stuck von annähernd null auf 15 % angestiegen. Kliesch: „Bei SEO erzielen wir den vollen Deckungsbeitrag, da fallen keine zusätzlichen variablen Marketingkosten an.“
Stuck selbst wurde auf das Thema SEO während seines Studiums aufmerksam. Er studierte BWL an der TU Bergakademie Freiberg und fing an, nebenbei Affiliate-Webseiten aufzubauen. Das bedeutet, dass Seiten Links setzen, die wiederum zu einem Vertriebspartner führen; bei Kauf wird der Betreiber der Affiliate-Seite mit einer Vermittlungsprovision belohnt. „Im Studium hatte ich Zeit, aber kein Budget, weshalb der SEO-Bereich mein Fokus wurde – denn dort kann man alles komplett selbst machen, wenn man nur die Zeit dazu hat. Im ersten Jahr habe ich nur Lehrgeld bezahlt und den Umsatz (für Vertriebspartner, Anm.) nur schleppend steigern können. Im zweiten Jahr generierten meine Websites jedoch bereits 156.000 € Umsatz, auf die ich Kommission erhielt“, so Stuck. Bevor er sich endgültig für die Selbstständigkeit entschied, verbrachte er noch ein Jahr im Projektmanagement bei Ebay; im Januar 2019 gründete er Wolf of SEO, im März kündigte er seinen Job. In der Agentur beschäftigt er acht Mitarbeiter und einige Freelancer.
Zu den Kunden zählt neben Snocks auch der Weinhändler Geile Weine, Elektroauto-News (Deutschlands grösstes Portal für Elektroautos) oder die Takkt AG, ein börsennotiertes Versandunternehmen für Geschäftsausstattung. Bezahlt wird Stuck zumeist als Freelancer auf Stundenbasis, doch Modelle, die auch eine Erfolgsbeteiligung beinhalten, nehmen zu. Von März bis Dezember 2019 machte Stuck mit seiner Tätigkeit rund 160.000 € Umsatz.
Wir sind mit 200 km/h in der linken Spur unterwegs. Wir werden sehen, wohin die Reise geht.
Dass das Geschäftsmodell eine gewisse Abhängigkeit von grossen Plattformen bedingt, ist Kliesch klar – wenn Amazon rund 50 % des Umsatzes ausmacht, ist ein Klumpenrisiko nicht zu verneinen: „Wir haben 15 Mitarbeiter und damit natürlich schon eine gewisse Verantwortung, uns abzusichern. Aber ich denke auch, dass wir Unternehmer genug sind, um auf solche Situationen gut zu reagieren.“ Ein Anlassfall war kürzlich vorhanden, denn die Facebook-Seite von Snocks war 2019 für drei Monate gesperrt. Was für manche Unternehmen Nebensache wäre, ist für Snocks unternehmerisches Risiko, denn viele Kunden landen über Facebook im Onlineshop. „Es gab da einige technische Probleme, wir hatten aber auch zu zielgerichtete Facebook-Werbung geschaltet“, sagt Kliesch. Er reagierte, fuhr mit Stuck die Suchmaschinenoptimierung nach oben. Dass heute 15 % der Kunden im Onlineshop über organisches SEO bei Snocks landen, verzeichnet Kliesch als Erfolg. Für Stuck ist der Kernfokus auf Social Media eine aus Unternehmenssicht einseitige Betrachtungsweise und strategisch nicht weit genug gedacht: „Die meisten Unternehmen denken im Marketing zu kurz. Natürlich ist es spannend, zu sehen, dass bei Social-Media-Advertising auf eine Investition fast sofort entsprechende Umsätze folgen. Wer jedoch versteht, wie SEO neben dem organischen monatlichen Umsatz auch noch den Erfolg aller anderen Kanäle begünstigt, hat in der heutigen Zeit das Rezept für den digitalen Erfolg verstanden.“
Doch Stuck denkt, dass es in den nächsten zwölf bis 18 Monaten „genügend gute Cases gibt“, die den Unternehmen ersichtlich machen, dass SEO und SEA essenzielle Bestandteile von erfolgreichem Onlinemarketing sind. In Sachen E-Commerce erwartet Kliesch wiederum, dass Alibaba ein wichtiger Player in Europa werden wird. Gleichzeitig sieht er deutsche Plattformen als spannende Alternativen, etwa AboutYou oder Zalando.
Stuck zur Zukunft: „Aus Suchmaschinensicht wird Google schwierig zu schlagen sein. Interessant ist dabei aber, dass Google immer mehr Funktionen einführt.“ So kann man etwa die Wetterprognose oder das aktuelle Fussballergebnis direkt in der Suchmaschine einsehen. „Jede Plattform ist gewissermassen eine Suchmaschine. Wer also auf dem grössten Feld – Google – spielen kann, kann es auch auf simpleren.“ Stuck arbeitet zudem an einem Schulungsprogramm, damit kleinere Unternehmen die SEO-Expertise nutzen und umsetzen können. Hinsichtlich der eigenen unternehmerischen Ziele ist auch Kliesch optimistisch: „Wir fahren mit 200 km/h auf der linken Spur. Wir wollen eine Mainstream-Marke werden, aber wir werden sehen, wohin die Reise letztendlich geht.“
Text: Klaus Fiala
Fotos: Schreiber Pötter