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Digital und analog: Ein Rundgang in der Werkshalle von Speech Processing Solutions.
Nach diversen Abhörskandalen rund um NSA und BND ging der Absatz analoger Diktiergeräte und Tonträger wieder in die Höhe. Für deren Produzenten "Speech Processing Solutions" stehen trotz des analogen Produkts aber alle Zeichen auf digital.
"Spracherkennung“, sagt Thomas Brauner, „wird immer mehr zu einer Commodity. Alexa, Echo oder Siri geben die Richtung vor.“ Der CEO von Speech Processing Solutions – das Unternehmen produziert und entwickelt exklusiv für Philips Diktierlösungen von der Hardware über die Software hin zu Services – arbeitet an der Erweiterung seines Kernkundensegments aus zurzeit vornehmlich Ärzten und Juristen, also dem B2B-Bereich. Der Dokumentationsbedarf steigt aber in vielen anderen Bereichen, ist er überzeugt. Brauners Ziel (und das seiner Konkurrenten am Markt) ist, das Bedürfnis von noch mehr Menschen zu steigern, ihre gesprochenen Notizen, Gedanken und Ideen direkt in Text umzuwandeln. Texte in den Computer klopfen werden künftig nur noch die wenigsten, sagt er. Nicht zuletzt, als die Tastatur ohnehin immer schon ein „suboptimales Tool gewesen ist, um Gedanken in Text umzusetzen“. Diese wurde nämlich absichtlich simpler als möglich gestaltet, da sonst die Mechanik nicht mitgekommen wäre. Und – „man ist dabei geblieben. Zukünftig aber wird jede Kommunikation mit einer Maschine über Sprache erfolgen.“
Entwickelt und produziert wird vornehmlich am Standort Wien. „Das war viele Jahre ein steter Verteidigungskampf“, erinnert sich Brauner an vergangene Tage. Bis zum Management-Buy-out im Jahr 2012 war seine Sparte über 60 Jahre lang Teil des Philips-Konzerns. Der Mehrheitseigentümer heute ist die Invest AG (Beteiligungsgesellschaft der Raiffeisenbankengruppe Oberösterreich, Anm.). Mit einem Mitarbeiterstand von über 150 Personen weltweit – davon über 90 in Wien – erwirtschaftet das Unternehmen „zwischen 50 und 100 Millionen € Umsatz im Jahr“. Genauere Zahlen will Brauner nicht nennen. Ausser, dass acht Prozent des Umsatzes in Forschung und Entwicklung fliessen, was wenig verwundert, weil so ziemlich alles – von den Elektronikbauteilen über das Design der Software bis hin zur Entwicklung von Apps – inhouse gemacht wird. Auch die schon längst ausgestorben gewähnten analogen Diktiergeräte und Kassetten werden in Wien produziert. „Ein rückläufiger Markt“, konstatiert der CEO wenig überraschend; der Umsatzanteil der analogen Geräte liege heute bei unter 15 Prozent. Die Nachfrage sinkt, ist aber noch vorhanden. Fast schon eine Antiquität: die kleine goldene Kassette in seinem Kasten zum 100-Millionen-Stück-Jubiläum. Heute keine repräsentative Zahl mehr, sagt Brauner, es waren im Endeffekt ja deutlich mehr.
Aber immerhin: 2017, so Hans Sluka, Senior Manager Productions, bei der Werksführung, wurde Magnetband in der Länge von „einmal zum Mond und zurück“ verarbeitet. In einigen Berufssparten gehöre das Tonband noch immer zum Akt – etwa in der Pathologie in manchen Ländern. Alle für die Produktion notwendigen Maschinen wurden selbst gefertigt – von der „Oku“, wo die Kassettenteile eingebracht und zusammengebaut wieder rauskommen, über die kleinen Federn und Filzteile, die Magnetbandspulen bis hin zur Etikettierungs- und Verpackungsmaschine. Auch der Testraum – die „Kammer des Schreckens“ so Sluka – ist voll von selbstgebauten Geräten: für Hitze- und Kältetests, Maschinen, die Tasten drücken (mindestens eine Million mal müssen diese dem standhalten), eine andere, die die Hosentaschen-Situation simuliert – Kunstschweiss inklusive –, eine weitere, die die Festigkeit der Kabel auf die Probe stellt. Und viele mehr.
Dieser Artikel ist in unserer Juli-Ausgabe 2018 „Wettbewerb“ erschienen.